Monika Metternich über die Reaktionen auf den Tod von Fidel Castro

Über Tote nur Gutes

Veröffentlicht am 29.11.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Monika Metternich über die Reaktionen auf den Tod von Fidel Castro

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In den Tagen nach dem Tod des kubanischen Ex-Präsidenten Fidel Castro machte sich ein doppeltes Unbehagen breit: Die begeisterten Nachrufe zumal linker Politiker auf einen Diktator, unter dessen Gewaltherrschaft viele Menschen schwer gelitten haben, zogen empörte Aufschreie im Internet nach sich. Ebenso befremdlich wirkten jedoch auf manch einen auch die ausgelassenen Freudendemonstrationen angesichts Castros Ableben. Zwar fällt es nicht schwer, Verständnis für Menschen aufzubringen, die vor Castros berüchtigtem Geheimdienst und drohenden Gefängnisstrafen unter Lebensgefahr übers Meer in die USA geflohen waren.

Dennoch erscheint der Jubel angesichts eines Todes eigentümlich unangebracht. Hier wie auch bei harschen Aburteilungen in ersten Reaktionen auf einen Tod erhebt sich eine unwillkürliche – von manchen sicher höhnisch als "postfaktisches Gefühl" verunglimpfte – Regung von Missfallen, die wohl noch an abendländische Wurzeln anknüpft: In dem von einem der sieben Weisen des antiken Griechenlands, Chilon von Sparta,  überlieferten,  durch die Römer tradierten und bis heute bekannten Satz heißt es: "De mortuis nil nisi bene", also übersetzt: "Von Verstorbenen ist nur in guter Weise zu sprechen".

Manch einer hat diesen Satz missverstanden: Grundsätzlich über Tote nur Gutes zu sagen, sei schlicht heuchlerisch, ja, verlogen, wenn der Verstorbene gute Nachrede schlicht nicht verdient habe. Ein "Gutreden" eines solchen Lebens käme einer Verhöhnung möglicher Geschädigter gleich. In diesem Sinne reagierten viele Kritiker Castros empört auf allzu schwülstige Lobpreisungen seiner Fans, die seine schlechten Seiten schlicht ausblendeten. Der kluge Satz zielt jedoch gar nicht auf das Wirken des Verstorbenen. Er zielt auf die Art des Sprechens, also die Sprechweise über ihn. Man kann Verstorbene durchaus kritisieren – und eine objektive historische Aufarbeitung des kubanischen Revolutionärs ist unabdingbar. Aber die Überlebenden sollten über Verstorbene in einer fairen Weise sprechen, mitbedenkend, dass der Tote sich nicht mehr verteidigen kann. Wer indes überhaupt nichts Wohlwollendes über einen soeben Verstorbenen sagen kann, könnte ja auch einige Tage lang zu ihm schweigen.

Von Monika Metternich

Die Autorin

Monika Metternich ist Religionspädagogin, Schriftstellerin und Journalistin.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.