Kinderpornografie-Vorwürfe gegen Mitarbeiter der Nuntiatur in Washington

Kanada erlässt Haftbefehl gegen Vatikan-Diplomaten

Veröffentlicht am 30.09.2017 um 12:50 Uhr – Lesedauer: 
Justiz

Vatikanstadt ‐ Ein Mitarbeiter der Vatikanbotschaft in Washington soll in Kanada Kinderpornografie verbreitet haben – der Vatikan ermittelt. Jetzt hat Kanada einen Haftbefehl gegen den italienischen Priester erlassen.

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Die kanadische Justiz hat Haftbefehl gegen einen Vatikandiplomaten wegen Verbreitung von Kinderpornografie erlassen. Dem Geistlichen, einem ranghohen Mitarbeiter der Botschaft des Heiligen Stuhls in Washington, wird vorgeworfen, in Windsor im kanadischen Bundesstaat Ontario kinderpornographisches Material über einen kirchlichen Rechner heruntergeladen und weiterverbreitet zu haben. Wie der italienische Online-Dienst "Vatican Insider" Freitagabend berichtete, hieß es aus dem Vatikan, der Haftbefehl für Kanada sei bekannt, die dortige Justiz habe aber kein Festnahmeersuchen an die Vatikanbehörden gestellt. Der Beschuldigte hält sich derzeit im Vatikanstaat auf.

Laut den kanadischen Ermittlern ereignete sich die Straftat zwischen dem 24. und 27. Dezember vergangenen Jahres. Die Polizeimitteilung nannte im Unterschied zum Vatikan den vollen Namen des Diplomaten, eines 50-jährigen Italieners. Das kanadische Bistum London bestätigte Medienberichten zufolge den Verdacht, dass eine kirchliche Rechneradresse für einen Verstoß gegen Kinderschutzbestimmungen benutzt worden sei.

Vatikan hat strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet

Der Vatikan hatte am 15. September mitgeteilt, man habe nach einem Hinweis des US-Außenministeriums strafrechtliche Ermittlungen gegen einen diplomatischen Mitarbeiter aufgenommen. Der Beschuldigte wohnt nach Medieninformationen inzwischen am Sitz des Vatikangerichts, ist aber nicht inhaftiert. Das vatikanische Strafrecht sieht für die Verbreitung von Kinderpornografie zwischen einem und fünf Jahren Haft und eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro vor.

Zollner: Kinderporno-Vorwürfe sind "große Katastrophe"

Hans Zollner, Chef des vatikanischen Kinderschutzzentrums, ist bestürzt über die Vorwürfe gegen einen Vatikan-Diplomaten. Dieser soll Kinderpornografie besessen haben. Laut Zollner ein verbreitetes Problem.

Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo von Galveston-Houston, hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe Transparenz und die Zusammenarbeit mit staatlichen Ermittlern gefordert. In Richtung des Vatikan äußerte er den Wunsch nach mehr Informationen.

Kommende Woche findet in Rom auf Initiative des päpstlichen Kinderschutz-Zentrums an der Universität Gregoriana ein internationaler Kongress über Kinderschutz im Internet statt. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hält am Dienstag ein Grundsatzreferat zum Thema "Der Heilige Stuhl und seine Verpflichtung zum Kampf gegen sexuellen Missbrauch im Internet". (KNA)