Theologin sieht Unkenntnis in Kommunion-Debatte

Eine "dramatische Unkenntnis" der ökumenischen Situation sieht die Dekanin der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, Johanna Rahner, in der aktuellen Diskussion über den Kommunionempfang. Die Kritiker der von der Mehrheit der deutschen Bischöfe beschlossenen Handreichung, die konfessionsverschiedenen Ehepartnern im Einzelfall eine gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie ermöglichen soll, hätten den aktuellen wissenschaftlich-theologischen Stand beim Thema Ökumene nicht ausreichend im Blick. Rahner äußerte sich am Samstag bei einem wissenschaftlichen Symposium zum theologischen Werk von Hans Küng in Tübingen.
In Deutschland gebe es eine ganz besondere Situation, weil es etwa gleich viele Protestanten und Katholiken gebe, so Rahner. Deshalb müsse hier exemplarisch eine Lösung gefunden werden, während das Problem in vielen anderen Ländern sicher kaum eine Rolle spiele. Und nicht alles in der katholischen Kirche müsse überall gleich gelten.
Als Beispiel führte sie die Rolle der Diakone an: Während man etwa "in Afrika Diakone mit der Lupe suchen" müsse, spielten sie in Europa eine wichtige Rolle. Dies zeige, dass zwar alle katholisch seien, aber eine unterschiedliche Praxis hätten. Aus Rahners Sicht ist der aktuelle Vorstoß zum Kommunionempfang in Einzelfällen theologisch gut begründet.

Johanna Rahner (*1962) ist seit 2013 Professorin für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie an der Universität Tübingen.
Die Bischöfe hatten auf ihrer Vollversammlung in Ingolstadt beschlossen, konfessionsverschiedenen Ehepartnern im Einzelfall eine gemeinsame Teilnahme an der Kommunion zu ermöglichen. Unabdingbar sei, dass die Seelsorger vor der Zulassung der nichtkatholischen Ehepartner mit den Betroffenen sprächen und sicherstellten, dass beide die katholische Eucharistielehre teilten.
Mehr als drei Viertel der anwesenden Mitglieder der Bischofskonferenz stimmten dem Entwurf der Handreichung zu. Dieser ist bisher nicht veröffentlicht, da die Bischöfe noch Änderungsvorschläge einreichen konnten, die eingearbeitet werden sollen.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und sechs weitere Bischöfe wollten unterdessen in Rom klären lassen, ob der Beschluss rechtmäßig sei. Papst Franziskus hat inzwischen ein Gespräch in Rom zu dem Thema vorgeschlagen. Am Montag beraten die Bischöfe bei ihrem Ständigen Rat in Würzburg erneut über das Thema. (KNA)