Landeskirche darf an Schwangerenberatung spenden

Bistum Chur verliert Prozess um umstrittene Spende aus Kirchensteuer

Veröffentlicht am 30.01.2019 um 16:28 Uhr – Lesedauer: 

Bern ‐ In der Schweiz hat der Bischof nichts zu sagen – jedenfalls, was die Verwendung der Kirchensteuer angeht. Das führte im Bistum Chur zu einem jahrelangen Streit um eine Spende für eine Schwangerenberatung, die Abtreibungen befürwortet – nun hat das Bundesgericht entschieden.

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Die katholische Landeskirche Graubünden darf gegen den Willen des Bischofs Geld an einen Verein spenden, der Abtreibungen für legitim hält. Das hat das Schweizer Bundesgericht nach einem mehrjährigen Rechtsstreit zwischen dem Bistum Chur und der Landeskirche in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil entschieden.

Die Diözese von Bischof Vitus Huonder sah durch die Spende der vom Bistum unabhängigen Körperschaft der Katholiken im Kanton Graubünden die Religionsfreiheit verletzt: Als Organisation, die sich als katholisch bezeichnet, dürfe sie die Gelder der Gläubigen nicht für Zwecke einsetzen, die dem kirchlichen Zeugnis widersprechen.

Die Landeskirche hatte 2012 beschlossen, die Schwangerenberatungsstelle "Adebar" jährlich mit 15.000 Euro aus Kirchensteuermitteln zu unterstützen. Die Organisation hält unter anderem Abtreibungen für legitim. Das Geld von der Landeskirche hatte sie allerdings unter der Auflage erhalten, es nicht für die Beratung über Abtreibungsmethoden einzusetzen. Das Bistum Chur sah durch die Spende dennoch die Glaubwürdigkeit der Kirche bedroht.

Kirche nur "Zuschauerin" bei Verwendung von Kirchensteuer

Das Bundesgericht folgte in seinem bereits im Dezember ergangenen Urteil der Argumentation der Diözese nicht und sah die Religionsfreiheit nicht verletzt. Die Diözese zeigt sich enttäuscht: "In der Schweiz muss es die katholische Kirche somit hinnehmen, dass der Staat einer von ihm geschaffenen Organisation erlaubt, von katholischen Gläubigen Steuern einzutreiben und mit diesen Finanzmitteln dann gegen Grundsätze der katholischen Kirche zu handeln", heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme des Bistums.

Der katholischen Kirche, wegen der die Institution der Landeskirche überhaupt erst bestehe, komme damit "lediglich die Rolle als 'Dritter'" und "Zuschauerin" zu. "In der Konsequenz müssen katholische Kirchensteuerzahler in Zukunft damit rechnen, dass ihre Finanzmittel im Einklang mit staatlichem Recht für kirchenferne oder kirchenfeindliche Aktivitäten eingesetzt werden", so das Bistum weiter.

Das Schweizer Religionsverfassungsrecht sieht eine demokratische Kontrolle der öffentlich-rechtlich verfassten Religionsgemeinschaften vor. Daher ist, anders als in Deutschland, die kirchliche Struktur nicht deckungsgleich mit der staatkirchenrechtlichen Organisation. In ihrer aktuellen Stellungnahme bezeichnet die Diözese Chur diese Struktur als "Täuschung" und "Missbrauch ihres Namens". Die Landeskirche Graubünden, die die Katholiken des gleichnamigen Kantons umfasst und deren Kirchensteuer verwaltet, liegt auf dem Gebiet des Bistums Chur. (fxn)