Standpunkt

Ein frommer Name macht noch keine Kurienreform

Veröffentlicht am 11.04.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ "Praedicate Evangelium" – "Verkündet das Evangelium": So lautet der Arbeitstitel der Konstitution zur Kurienreform, die Ende des Jahres erscheinen soll. Doch ein frommer Name allein reicht nicht, kommentiert Felix Neumann. Die Kurie brauche klare Stukturen, Transparenz und Aufsicht.

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Die im Vatikan geplante Kurienreform scheint auf der Zielgeraden zu sein. "Praedicate Evangelium" ist der Arbeitstitel der Konstitution, die Ende des Jahres erscheinen soll: "Verkündet das Evangelium". Gegenwärtig ist noch weitgehend die von Papst Johannes Paul II. erlassene Konstitution zur Organisation der Kurie in Kraft: "Pastor bonus" – "Guter Hirte". Zwei fromme Namen für trockene Behördengeschäftsordnungen. Und tatsächlich: Ziel der neuerlichen Reform sei, so Vatikansprecher Alessandro Gisotti, eine "zunehmend missionarische Haltung der Kurie".

Ist es das, woran die Kurie krankt? Seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, ist der große Mangel der Kurie weder ein Mangel an Glaubensstärke noch an Überschätzung der eigenen Wichtigkeit, sondern ihre wenig professionelle Organisation, die Intrigen, mangelnde Transparenz, Kontrolle und Koordination.

Eine zunehmend missionarische Haltung in allen Ehren: Die Skandale bei der Vatikanbank und der päpstlichen Güterverwaltung, die kuriosen Geschehnisse um "Vatileaks" und Williamson, die die Kardinäle beim letzten Konklave einen Papst wählen ließen, dem sie ein Aufräumen der Kurie zutrauten, ließen sich nicht durch mehr Glaubensstärke lösen – sondern durch klare Strukturen der Verantwortung und Aufsicht, der Entscheidungsfindung und Transparenz: Good governance statt guter Hirte. (Immerhin: Der Plan, mehr Frauen zu beteiligen, schafft strukturelle Grundlagen, um klerikale Verknöcherungen aufzubrechen und alle Talente in der Kirche zu nutzen.)

Immer noch liegt vieles im Vatikan im Argen, vieles davon geht auch auf das Konto von Franziskus: Im Umgang mit missbrauchsverdächtigen Bischöfen (vom angekündigten Bischofstribunal ist keine Rede mehr) etwa, oder bei der Kommunikation (seit einem Vierteljahr hat der Vatikan nur einen Interimspressesprecher). Kardinäle arbeiten oft nebeneinander her, schlimmstenfalls gegeneinander – und nur, weil man die langen Titel zusammenkürzt auf eingängige Bezeichnungen wie "Außenminister" und "Ökumeneminister", gibt es noch lange kein koordiniertes und strategisches Arbeiten in einem päpstlichen Kabinett.

Im Sinne der Subsidiarität sollte die Kurie dem Papst zuarbeiten und den Rahmen schaffen für das Predigen des Evangeliums in den Ortskirchen, durch die einzelnen Christinnen und Christen – und sich selbst nicht geistlich überhöhen. Das tut die Kurie am besten, wenn dort einfach nur gut verwaltet und strategisch regiert wird. Und wenn es dafür ein lateinisches Motto braucht: "Operarii in vineam suam" und "Servi servorum Dei", "Arbeiter im Weinberg des Herrn" und "Diener der Diener Gottes" – das wären Wahlsprüche für eine Kurienreform.

Von Felix Neumann

Der Autor

Felix Neumann ist Redakteur bei katholisch.de und Mitglied im Vorstand der Gesellschaft katholischer Publizisten (GKP).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.