Eine große Aufgabe
Ab Dienstag tritt das neue Gremium hinter verschlossenen Türen im Vatikan zu seiner ersten Konferenzrunde zusammen. Je ein Kardinal aus Nord-, Mittel- und Südamerika, aus Asien, Afrika, Europa und Ozeanien und dazu ein Italiener gehören ihm an. Koordiniert wird es vom Honduraner Oscar Rodriguez Maradiaga (70), für Europa nimmt der Münchner Erzbischof Reinhard Marx (60) teil. Der Papst sei oft, aber nicht immer dabei, so ist zu hören. Es handele sich nicht um eine neue Regierung des Vatikan, um keine synodale Struktur der Kirche, und es signalisiere erst recht keinen Verzicht auf den päpstlichen Primat.
Gruppe könnte länger als drei Tage beschäftigt sein
Eine Tagesordnung ist noch nicht bekannt. Doch die Themen, die in den vergangenen Wochen genannt wurden, könnten die Gruppe mehr als nur drei Tage beschäftigen. Franziskus selbst erwähnte bei seiner fliegenden Pressekonferenz von Rio nach Rom Ende Juli die Vatikanbank IOR und überhaupt die Vatikanfinanzen. Er sprach vom breiten Feld der Familienseelsorge - zu der auch die Situation von wiederverheirateten Geschiedenen gehört. Weiter sollen Aufgaben und Funktion der Bischofssynode und des Kardinalskonsistoriums zur Sprache kommen.
Vor allem aber dürfte es um Arbeitsweise und Strukturen der römischen Kurie gehen. Vor dem Konklave hatten die Kardinäle beredte Klage über jüngste Pannen, Koordinations- und Vermittlungsprobleme oder Missverständnisse im Vatikanapparat geführt. Der neue Papst möge dafür sorgen, dass sich Derartiges nicht wiederhole, forderten sie mit Blick auf "Vatileaks", die Affäre um den Holocaustleugner Richard Williamson oder den Umgang mit sexuellem Missbrauch.
Eine wichtige administrative Weichenstellung hat der neue Papst bereits vorgenommen, als er den erfahrenen Diplomaten Erzbischof Pietro Parolin (58) zum Nachfolger des Theologen Tarcisio Bertone (78) als Kardinalstaatssekretär machte. Ihm traut er offensichtlich zu, dass er ihn beim geplanten Reformweg begleitet und seinen Kurs im Apparat umsetzt.
Welche Vorschläge die Kardinäle dem Papst für ein besseres Zusammenspiel in der Kurie machen, darüber kann man nur rätseln. Die Teilnehmer hüllten sich vorab in Schweigen. Die Kongregationen und Räte leisten trotz dünner Personaldecke professionelle Arbeit. Doch ihre Verzahnung, wechselseitige Information und Austausch scheinen nicht optimal, manche Doppelarbeit unnötig. Zwar hat Benedikt XVI. bereits für Verbesserungen gesorgt und Zuständigkeiten sinnvoller geregelt. An das Mammutprojekt einer Kurienreform hat er sich jedoch bewusst nicht herangewagt.
Erst das Personal und dann die Strukturen verändern?
Möglich ist, ob Franziskus zunächst Personalveränderungen angeht, an die sich dann Strukturveränderungen anschließen sollen. Überraschend war in den vergangenen Tagen die Versetzung des mächtigen konservativen Kurienpräfekten Mauro Piacenza (69) von der Kleruskongregation an die für Gnadenerlasse zuständige Pönitentiarie.
Einen Wechsel könnte es auch an der Spitze einer weiteren Kongregation geben, deren Leiter als Erzbischof einer wichtigen europäischen Hauptstadtdiözese im Gespräch ist. Vor allem im Bereich der päpstlichen Räte, den "kleinen" Ministerien, sehen Beobachter Raum für Strukturänderungen. Denkbar wäre, dem Laienrat andere Behörden anzugliedern - etwa den Familienrat oder den für Krankenpastoral. Weiter ließen sich auch die Sozialministerien "Gerechtigkeit und Frieden" und "Cor unum" wieder enger verzahnen.
In vielen Gesprächen hat sich Papst Franziskus im ersten halben Amtsjahr einen Überblick verschafft. Bislang hat er vor allem die römischen Akteure gehört. Bei der bevorstehenden Konferenz will er die Meinung aus der Weltkirche einholen, um auch auf eine Neujustierung im Verhältnis von römischer Zentrale und Ortskirchen hinzuwirken.
Von Johannes Schidelko (KNA)