Bistum Münster gibt von Nazis beschlagnahmte Glocke an Polen zurück
Eine im Zweiten Weltkrieg verschollene Kirchenglocke kommt nach 77 Jahren in ihre polnische Heimatgemeinde zurück. Das Bistum Münster, wo sich die Glocke derzeit befindet, hat mit der Pfarrei Heilige Katharina aus Alexandrien in Slawiecice einen Dauerleihvertrag geschlossen, wie die Diözese am Montag mitteilte. Sobald die Corona-Pandemie es zulässt, soll der 400 Kilogramm schwere Klangkörper aus dem Jahr 1555 nach Polen überführt werden.
Noch steht die Glocke den Angaben zufolge im Innenhof des Kirchengerichts in Münster. Vor zwei Jahren habe sich die polnische Gemeinde, die im Gebiet des früheren Oberschlesien liegt, auf die Suche gemacht. Ein aus Slawiecice stammender Pfarrer habe in einem Buch eine Abbildung der Glocke und ihre Kennziffer entdeckt. Damit habe sich herausfinden lassen, dass sich die Glocke in Münster befinde. Offizieller Besitzer der Glocke aus Polen ist die Bundesrepublik Deutschland, wie das Bistum erklärte. Das Bundesinnenministerium habe zur Rückführung sein Einverständnis gegeben und sei in die Vertragsverhandlungen eingebunden gewesen.
Im Dritten Reich mussten viele Pfarreien Glocken abgeben, da ihre Bronze "kriegswichtiges Material" war. Lediglich eine Glocke sollte im Schnitt pro Gemeinde verbleiben. Rund 80.000 Glocken hat die deutsche Rüstungsindustrie während des Zweiten Weltkriegs zu Waffen und Munition verarbeitet. Einige abgegebene Glocken wurden laut Bistum allerdings nicht weiterverarbeitet - darunter die Glocke aus Slawiecice. Die meisten der übrig gebliebenen Glocken seien nach dem Krieg in ihre Heimatgemeinden zurückgeführt worden, nicht aber die rund 1.300 Glocken aus den ehemaligen Ostgebieten, hieß es weiter. Die britische Militärregierung habe die Rückgabe untersagt. Sie seien als sogenannte Patenglocken an westliche Kirchengemeinden ausgeliehen worden. Auch das Bistum Münster habe mehrere Glocken zugesprochen bekommen. (tmg/KNA/epd)