Kanonist Pulte beklagt "Kirchenrechtsbashing"

Der Kanonist Matthias Pulte hat ein "vielerorts geübtes Kirchenrechtsbashing" beklagt. Es entspreche nicht den Tatsachen, dass das kirchliche Recht für die Verhinderung geforderter Reformen verantwortlich sei, sagte der in Mainz lehrende Professor für Kirchenrecht am Freitag gegenüber katholisch.de. Die Behauptung, dass durch kirchliche Gesetze "die Diskriminierung von Frauen in der Kirche zementiert werde", treffe nicht zu. "Das mag vor allem der Wahrnehmung von Menschen entsprechen, die sich mit diesem Fachgebiet nicht so sehr beschäftigen."
Vielmehr gelte in der Kirche "der Grundsatz, dass das Recht der Lehre folgt", so Pulte weiter. Die Zielrichtung reformorientierter Initiativen müsse sich daher "nicht zuallererst auf eine Änderung der Rechtsordnung ausrichten, sondern zuvörderst auf eine Rezeption theologischer Forschungsergebnisse durch das universale kirchliche Lehramt". Sei das erfolgt, "ist es nur ein kleiner Schritt, das Recht der Kirche dem Fortschritt in der Lehre anzupassen". Als Beispiel nannte er Canon 1024 des kirchlichen Gesetzbuches CIC, der "lauten könnte: Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mensch". Aktuell ist das Weihesakrament nur Männern vorbehalten.
Das Kirchenrecht sei ebenso wenig wie die Lehre der Kirche "ein für alle Male festgefügt", sagte Pulte. Beide Gebiete würden seit Anbeginn der Kirche stetiger Entwicklung unterliegen, "mitunter auch nicht ohne Brüche". Die Kirchengeschichte sei reich an entsprechenden Beispielen. Das kirchliche Recht stelle lediglich "die zeitgemäße Übersetzung der Lehre des Konzils in die Sprache des Rechts" dar, so Pulte in Anlehnung an eine Aussage Papst Johannes Pauls II. anlässlich der Promulgation des neuen CIC im Jahr 1983. Am Donnerstag hatte eine der Gründerinnen der Reformbewegung "Maria 2.0", Andrea Voß-Frick, bei einer Online-Veranstaltung des Bistums Osnabrück zum Thema "Keine Kirche ohne Frauen" gesagt, das Kirchenrecht zementiere die Diskriminierung von Frauen. (rom)