Elementare Form werde nur vor Ort ausgefüllt

Theologe Söding: Digitale Sakramente sind nicht denkbar

Veröffentlicht am 26.07.2021 um 12:54 Uhr – Lesedauer: 

Bochum/Freiburg ‐ Seit Beginn der Corona-Pandemie werden zahlreiche Gottesdienste im Internet gefeiert. Aber lässt sich zum Beispiel die Wandlung bei der Eucharistiefeier auch digital vollziehen? Theologe Thomas Söding hat dazu eine klare Meinung.

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Der Bochumer Neutestamentler Thomas Söding hält einen digitalen Vollzug von Sakramenten für nicht denkbar. "Digitale Transsubstantiation ist reine Spekulation", schreibt Söding in einem Gastbeitrag in der "Herder Korrespondenz" (August). Wenn vor einem Medium wie dem Fernseher oder dem Laptop Brot und Wein bereitgestellt würden, damit diese während der Gottesdienstübertragung ebenfalls gewandelt werden sollten, dann würde der liturgische Zusammenhang von Gabenbereitung, Wandlung und Austeilung auseinandergerissen, der ein elementarer Aspekt der Sakramentenfeier sei. "Denn das eigene Brot könnte nur spirituell dargebracht worden sein, die Wandlung würde sich nur digital vollziehen; die Austeilung könnte nur individuell geschehen. Das sakramentale Zeichen würde gespalten", schreibt der Theologe.

Neben der Verkündung des Wortes, das leicht die Grenzen von Gebäuden durchdringen könne, spielten bei Sakramenten auch Elemente eine Rolle, die zwar abgebildet werden könnten, aber ihre elementare Form nur vor Ort ausfüllen könnten. "Getauft wird mit Wasser, Eucharistie wird mit Brot und Wein gefeiert", so Söding. "Die Zeichensprache der Sakramente gewinnt den natürlichen Elementen eine heilsvermittelnde Kraft ab." Auch eine Taufe könne beispielsweise medial übertragen werden, damit mehrere Bekannte und Verwandte daran teilhaben könnten. "Die mediale Übertragung kann aber nicht die Taufe selbst ersetzen."

Verschiedene Möglichkeiten der sakramentalen Kommunion

In vielen Gemeinden würden seit Beginn der Corona-Pandemie Gottesdienste live gestreamt, damit der Bezug zur lokalen Gemeinde nicht verlorengehe. Neben der "Geistlichen Kommunion" gebe es dabei zahlreiche weitere Formen, in denen sakramental kommuniziert werden könne, ohne körperliche bei der Gemeinde zu sein, die Eucharistie feiert. Dies werde etwa in Krankenhäusern bei der Krankenkommunion so umgesetzt oder bei Großveranstaltungen, wo die Eucharistiefeier in mehrere Kirchen übertragen werde, wohin auch die Kommunion vom Hauptaltar aus gebracht werde. "Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum analog nicht auch bei digitalen Übertragungen vorgegangen werden könnte."

Die setze jedoch voraus, dass die eucharistischen Elemente in einer analogen Feier bewahrt würden, um zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort gereicht und empfangen zu werden. Aus katholischer Sicht sei es – zumal unter Quarantäne-Bedingungen – sehr gut, Hausgottesdienste zu feiern. "Aber wenn eine Hausgemeinschaft sich entscheiden sollte, ohne Priester Eucharistie feiern zu wollen, würde auch dann keine stattfinden, wenn alle Riten exakt eingehalten würden."

Die digitale Welt könne die analoge daher nicht ersetzen, aber erweitern, bilanziert Söding. Auch in der Liturgie seien die analoge und die digitale Welt weder getrennt noch eine Entgegensetzung. "Vielmehr kommt es in einer digitalen Welt darauf an, die analogen Gottesdienste zu vernetzen, und in einer analogen, die digitalen Gottesdienste zu ermöglichen", schreibt Söding. Hier erstrecke sich eines der größten und furchtbarsten Felder pastoraler Arbeit der Zukunft. (cbr)