"Dramatische Lage vor allem für Frauen und religiöse Minderheiten"

Nach Machtübernahme der Taliban: missio in großer Sorge um Afghanistan

Veröffentlicht am 16.08.2021 um 10:56 Uhr – Lesedauer: 

Aachen/Berlin ‐ "Wir sind sehr besorgt um die Menschen in Afghanistan": Das katholische Hilfswerk missio blickt nach der Machtübernahme der Taliban mit Sorge auf die Entwicklung am Hindukusch – und formuliert eine klare Forderung an die Bundesregierung.

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Das katholische Hilfswerk missio blickt nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban mit großer Sorge auf die weitere Entwicklung in Afghanistan. "Wir sind sehr besorgt um die Menschen in Afghanistan. Vor allem für Frauen und religiöse Minderheiten dürfte sich die Lage in der nächsten Zeit dramatisch zuspitzen", sagte missio-Sprecher Johannes Seibel am Montag gegenüber katholisch.de. Elementare Menschenrechte wie die Meinungs- und Religionsfreiheit sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit seien unter der Herrschaft der Taliban akut bedroht.

Seibel forderte die Bundesregierung im Namen von missio dazu auf, in den nächsten Tagen nicht nur die verbliebenen Deutschen aus Afghanistan zu evakuieren, sondern auch die einheimischen Helfer außer Landes zu bringen. "Wir müssen die Afghanen, die in den vergangenen Jahren für die Bundeswehr und andere deutsche Organisationen gearbeitet haben und deren Leben jetzt in Gefahr ist, schnell und unbürokratisch retten", so Seibel wörtlich. Dies sei auch eine Frage der Glaubwürdigkeit des Westens. missio unterstütze in diesem Zusammenhang auch eine Petition mehrerer deutscher Medien, die sich am Wochenende in einem Offenen Brief an die Bundesregierung speziell für eine Evakuierung von den lokalen Journalisten und Übersetzern ausgesprochen hatten.

"Unterstützung der Flüchtlingsbetreuung deutlich erhöhen"

Seibel betonte darüber hinaus die Notwendigkeit, die Nachbarländer Afghanistans bei der Bewältigung der nun verstärkt erwarteten Flüchtlingsbewegungen aus dem Land zu unterstützen. Insbesondere Indien werde in den kommenden Monaten vermutlich viele Flüchtlinge vom Hindukusch aufnehmen. "Deshalb müssen wir die Unterstützung der Flüchtlingsbetreuung dort deutlich erhöhen", so der missio-Sprecher.

Nach dem weitgehenden Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan hatten die Taliban in den vergangenen Wochen weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht und am Sonntag fast zwei Jahrzehnte nach ihrem Sturz auch in der Hauptstadt Kabul wieder die Macht übernommen. Seither arbeiten Staaten wie Deutschland mit Hochdruck daran, verbliebene Staatsangehörige und einheimische Helfer über den von den USA gesicherten Flughafen in Kabul außer Landes zu bringen. Die Taliban verkündeten zwar eine Amnestie für diejenigen, die in den vergangenen Jahren für die Regierung oder ausländische Kräfte gearbeitet hätten. Doch aus eroberten Gebieten gab es bereits zahlreiche Berichte über Vergeltungsmorde und andere Gewalttaten der Taliban. (stz)