Verantwortungsvoll mit Macht umgehen

Gottesdienst: Kirchen reden neuen Bundestagsabgeordneten ins Gewissen

Veröffentlicht am 26.10.2021 um 11:01 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Viele Abgeordnete nahmen vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags an einem ökumenischen Gottesdienst teil. Auch Bundespräsident Steinmeier und Kanzlerin Merkel waren dabei. Nicht aber die führenden Köpfe der möglichen neuen Koalition.

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Vor der Konstituierung des neuen Bundestags haben viele Abgeordnete an einem ökumenischen Gottesdienst in Berlin teilgenommen. Einladende waren der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten, und der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Prälat Martin Dutzmann. Der Gottesdienst fand in der evangelischen Marienkirche in Berlin-Mitte statt. Neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem scheidenden Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble nahmen auch mehrere Bundesminister und viele bekanntere Abgeordnete teil. Die führenden Köpfe der möglichen neuen Koalition von SPD, Grünen und FDP nahmen nicht teil.

Dutzmann forderte die Parlamentarier in seiner Predigt dazu auf, verantwortungsvoll mit ihrer Macht umzugehen. "Dass Abgeordnete Macht zu erlangen, zu erhalten, auszubauen und zu sichern versuchen, ist nicht nur legitim, sondern ihre Aufgabe", so Dutzmann. Dafür seien sie ins Parlament gewählt worden. Entscheidend sei, wie das geschehe. Abgeordnete sollten sich deshalb stets fragen, ob sie mit ihrer Macht transparent, sachdienlich und gewaltlos umgehen.

Er erinnerte auch an die Aufgaben, die vor dem neuen Bundestag liegen. So brauche das Land eine Transformation, "damit unser Planet bewohnbar bleibt". Die Gesellschaft müsse zusammengehalten werden und die Herausforderungen durch die Digitalisierung müssten bewältigt werden. Dazu komme die hohe Arbeitsbelastung. Die Parlamentarier könnten aber immer wieder vor Gott treten und ihn um Einsicht und Kraft bitten. Denn, so der Bevollmächtigte, auch Politiker seien Menschen, deren "Kräfte begrenzt sind, die sich irren können und die der Stärkung, des Schutzes und der Hilfe bedürfen".

Jüsten: "Im Sinne des Evangeliums unser Land gestalten"

Jüsten sagte zur Begrüßung, mit der neuen Wahlperiode verbänden alle die Hoffnung, dass "die vor uns liegenden Herausforderungen zum Wohle aller angegangen werden". Er fügte hinzu: "Es liegt an uns, in Staat, Kirche und Gesellschaft, in Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, ja an jedem Ort in unserem Land zu säen und so zum guten Gedeihen unseres Landes beizutragen, dass Großes wachse, Wohlergehen und Frieden herrschen mögen."

Christen seien zum guten Handeln berufen und wollten am Reich Gottes mitbauen, "indem wir im Sinne des Evangeliums unser Land gestalten, Sicherheit erstreben, die Schöpfung bewahren, die Sorgen und Nöte der Menschen in unserem Land, in Europa, in der Einen Welt ernst nehmen, Gerechtigkeit bewirken, Entwicklung befördern und Bildungschancen mehren", sagte Jüsten.

Bei der Bundestagswahl am 26. September kamen die Unionsparteien zusammen auf 24,1 Prozent der Wählerstimmen, die SPD erreichte als Wahlsieger 25,7 Prozent, die Grünen 14,8 Prozent. 11,5 Prozent der Wähler entschieden sich für die FDP, 10,3 Prozent für die AfD und 4,9 Prozent für die Linkspartei. Derzeit zeichnet sich hinsichtlich einer neuen Regierung eine sogenannte Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen ab. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hatte kürzlich in einem Brief seine Erwartungen und Forderungen an die Abgeordneten des neuen Bundestags formuliert. (tmg/KNA/epd)