Katholischer Kirche komme dabei zentrale Rolle zu

Bündnis fordert konkrete Schritte zur Einheit der christlichen Kirchen

Veröffentlicht am 18.01.2022 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Nach unzähligen interkonfessionellen Gesprächen müssten die Kirchenleitungen nun endlich handeln: Ein breites christliches Bündnis fordert dabei auch die Außerkraftsetzung gegenseitiger Verurteilungen zwischen katholischer und evangelischer Kirche.

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Vor der diesjährigen Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Karlsruhe pocht ein Bündnis aus mehreren kirchlichen Gruppen und über 100 Einzelpersonen auf konkrete Schritte zur Einheit der christlichen Kirchen. In einem am Dienstag in Berlin veröffentlichten Memorandum fordert es die Versammlung auf, eine "Dekade der Versöhnung" in den Jahren von 2023 bis 2033 auszurufen. Nach unzähligen interkonfessionellen Gesprächen der vergangenen Jahrzehnte sei es für die Kirchenleitungen an der Zeit, die Ergebnisse umzusetzen, heißt es in dem Papier. Der Wortlaut ist exklusiv in dem Fachdienst "Ökumenische Information" (3/2022) der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) abgedruckt.

"Auf ökumenischen Vollversammlungen sind genug Aufrufe nach außen an andere Kirchen, Staaten und Wirtschaftssysteme gerichtet worden", schreiben die Unterzeichner. "Jetzt kommt es darauf an, dass unsere Kirchen selber sichtbare Zeichen der Versöhnung setzen und damit ein Beispiel geben, das sie selber zu einem Zeichen der Versöhnung werden lässt, damit die Welt ihrer Botschaft Glauben schenken kann."

Zeitplan für konkrete Schritte

Das Memorandum enthält einen Zeitplan für konkrete Schritte zur Versöhnung zwischen den Kirchen in der geforderten Dekade. Verlangt wird unter anderem die Außerkraftsetzung gegenseitiger Verurteilungen zwischen evangelischer und römisch-katholischer Kirche. Beide sollten sich als Kirchen Jesu Christi anerkennen. Weiter plädiert das Papier für eine Verständigung zwischen katholischer und anglikanischer Kirche, für eine Versöhnung zwischen den Kirchen der Reformation und der Täuferbewegung sowie für einen Akt der Versöhnung zwischen Christentum und Judentum.

Im christlichen Einigungsprozess misst das Dokument der römisch-katholischen Kirche eine zentrale Rolle zu. Die Zusammenarbeit mit Rom sei "ein unerlässlicher Baustein". Das Memorandum trägt den Titel "Aufbruch zum Haus der Gemeinschaft Christlicher Kirchen". Zu den bisherigen Unterzeichnern zählen der frühere Bundestagspräsident und Katholik Wolfgang Thierse, der evangelische Theologe Jürgen Moltmann und der Historiker Heinz Schilling sowie die Gruppe "Wir sind Kirche". Initiator ist der Altenberger Ökumenische Gesprächskreis.

Die ÖRK-Vollversammlung soll vom 31. August bis 8. September in Karlsruhe tagen. Das zunächst 2020 geplante Treffen war wegen der Corona-Pandemie verschoben worden. Der 1948 gegründete Rat repräsentiert Christen aus weltweit 350 protestantischen, anglikanischen und orthodoxen Kirchen, zu denen nach eigenen Angaben mehr als eine Milliarde Gläubige gehören. Sitz der Organisation ist Genf. Die Vollversammlung ist das oberste Entscheidungsorgan des Rates. Sie findet in der Regel alle acht Jahre statt. Das jüngste Treffen war 2013 im südkoreanischen Busan. Die römisch-katholische Kirche ist kein Mitglied des ÖRK, arbeitet aber in den Arbeitsgruppen Glauben und Kirchenverfassung mit und entsendet Berater in die AG Weltmission und Evangelisation. Seit 1965 besteht zudem eine gemeinsame Arbeitsgruppe von ÖRK und katholischer Kirche, um Fragen von ökumenischer Bedeutung zu beraten. 2018 hatte Papst Franziskus die Zentrale des Weltkirchenrats in Genf besucht. (tmg/KNA)