Standpunkt

Vertrauenskrise in Köln: Statt Klarheit nur dröhnendes Schweigen

Veröffentlicht am 25.08.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Seit bald zwei Jahren bleibt die Kölner Kirchenleitung mit einer intransparenten Kommunikationspolitik hinter zentralen Standards zurück, kommentiert Ricarda Menne. An Stelle von Klarheit herrsche nur dröhnendes Schweigen. Wie lange noch?

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"Euer Ja sei ein sei ein Ja und euer Nein ein Nein! Alles, was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen" (Mt 5,37), heißt es klipp und klar in der Bergpredigt, hier im Wortlaut der alten Einheitsübersetzung. Als Essenz der Ethik Jesu schreibt die Bergpredigt den Christen Klarheit und Verbindlichkeit ins Stammbuch.

Natürlich wissen wir um die Gefahren eines Schwarz-Weiß-Denkens, wie es sich auch in einem "ja oder nein", "entweder – oder" wiederfinden kann. Und wir wissen, dass es in einer komplexen Welt gute Gründe gibt, auf Diplomatie, Differenzierung und Diskretion statt auf radikale Aussagen zu setzen oder auf Worte, die in ihrer Klarheit und Schärfe auch verletzen können.

Andererseits erwarten wir von Kindern oder – als Vorgesetzte – von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie selbstverständlich Aufrichtigkeit und Loyalität, schätzen Verbindlichkeit und Transparenz als Tugenden. Tugenden, die in einer Gesellschaft, in der alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, keine Einbahnstraße sind. Tugenden, die wir auch von "denen da oben" erwarten: von den Verantwortungsträgern und Führungspersonen in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kirche.

Es gehört unbestritten zum Kern des christlichen Menschenbildes, gelassen mit Fehlern umzugehen, gewissermaßen den Splitter im Auge des Nächsten nicht zu einem Balken aufzublähen oder einen Menschen auf seine Fehler zu reduzieren. Aber es gilt auch, was unlängst die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop in einem Interview sagte: "Die Kirche hat sich historisch betrachtet permanent verändert. Dabei hat man durchweg, wenn auch mit Verspätung, an zeitgenössischer Politik und Gesellschaft Maß genommen. [...] Wir dürfen weder hinter den intellektuellen noch hinter den kulturellen Standards unserer Zeit zurückbleiben." Ich ergänze: und auch nicht hinter den moralischen Standards.

Seit bald zwei Jahren bleibt die Kirche(nleitung) von Köln mit einer intransparenten Kommunikationspolitik – Stichworte: WSW-Gutachten, Finanzierung der KHTK, Vorwurf der Instrumentalisierung des Betroffenenbeirats – hinter solchen Standards zurück. An Stelle der Klarheit eines "Euer Ja sei ein Ja und Euer Nein ein Nein": dröhnendes Schweigen. Das des Erzbischofs und das des Papstes. Wie lange noch?

Von Ricarda Menne

Die Autorin

Ricarda Menne ist Lehrerin für Englisch, Geschichte und katholische Religion. Außerdem ist sie in der Hochschulpastoral der Bergischen Universität Wuppertal tätig.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.