Mehr Spott beim Klimaprotest wäre biblisch

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Gestern begann die Räumung Lützeraths. Seit Jahren harren Menschen in diesem nordrhein-westfälischen Dorf aus, um seinen Abriss zugunsten der Braunkohlegewinnung zu verhindern. Manche stellen sich aus christlicher Motivation den Schaufelradbaggern entgegen und berufen sich auf die "Bewahrung" oder den "Erhalt der Schöpfung".
Das klingt ernst und ist der Lage angemessen. Aus biblischer Sicht erwächst aus solchen Redeweisen aber eine Überforderung. Die biblischen Texte betonen, dass Gott die Welt geschaffen hat und der Mensch sie bereits vorfindet. Wie soll der Mensch etwas, was er selbst niemals schaffen könnte, durch das eigene Tun bewahren können? Insofern überrascht es nicht, wenn viele vor der Forderung, die Schöpfung oder das Klima zu bewahren, resigniert kapitulieren.
Dabei lassen sich aus der Bibel noch ganz andere Haltungen und Protestformen gewinnen. Zum Beispiel Spott. In Jes 37 trägt Gott dem Propheten Jesaja ein Spottgedicht auf Sanherib auf, auf den assyrischen Herrscher, der sich anschickt, Jerusalem zu erobern. Diesem wird arrogante Angeberei in den Mund gelegt: "Mit meinen zahlreichen Wagen habe ich die Höhe der Berge erstiegen, den äußersten Winkel des Libanon. Ich fälle seine hohen Zedern, seine erlesenen Zypressen" (Jes 37,24). Gott interpretiert Sanheribs Zerstörung der Libanon-Wälder als Auflehnung gegen ihn als Schöpfer selbst.
Er bestraft den Großkönig und macht sich über ihn lustig: "[Ich lege] meinen Haken in deine Nase und mein Zaumzeug an deine Lippen. Ich lasse dich auf dem Weg zurückkehren, auf dem du gekommen bist" (Jes 37,29). Gott karikiert den assyrischen Herrscher als Tier, das an der Nase zurück nach Hause gezogen wird.
Jes 37 legitimiert also Protest gegen die Naturzerstörung als prophetische Aufgabe. Er führt Spott als mögliche Protestform vor. Vielleicht braucht es in der Klimabewegung mehr Humor und Spott für diejenigen, die den Braunkohleabbau um jeden Preis fortsetzen wollen, und für diejenigen, die es nicht schaffen, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um den CO2-Ausstoß zu bestrafen statt den Protest dagegen.
Die Autorin
Dr. Juliane Eckstein ist Theologin und Alttestamentlerin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie erforscht derzeit den Zusammenhang von Ökologie und Göttlichkeit in den prophetischen Schriften.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.