Kermani bei Hartls "Eden-Fest": Kirchen sollten die Form achten
Der Schriftsteller Navid Kermani hält Rituale in der Religion für wichtig. Es solle sich niemand wundern, dass Kirchen leer blieben, "wenn es nicht mehr schön ist, wenn man bei der Messe nicht mehr auf die Form achtet, nicht mehr auf das Fremde achtet – denn was ist fremder als Gott", sagte Kermani am Freitag in Augsburg. Religionen seien überflüssig, wenn sie nur als große Erklärer aufträten, "wenn sie nur eine weitere Gewerkschaft sind". Zudem ergänzte er: "Religionen stellen die großen Fragen. Ideologien geben die Antworten mit." Der Publizist befasst sich vielfach mit religiösen Themen.
Kermani äußerte sich beim "Eden-Fest" im Augsburger Kongress am Park, das der katholische Theologe Johannes Hartl erstmals organisiert hat. Hartl leitet das überregional bekannte Augsburger Gebetshaus, in dem seit 2011 rund um die Uhr gebetet wird. Das "Eden-Fest" wurde am Donnerstag eröffnet und läuft noch bis Sonntag als "Konferenz für eine menschliche Zukunft". Die Tagung mit Musik, Vorträgen, Lesungen und Übungen soll demnach Disziplinen wie Kunst, Aktivismus, Forschung, Spiritualität und Psychologie zusammenbringen und so den Weg zu einer hoffnungsvollen Zukunft aufzeigen. Die Veranstalter erwarten insgesamt 900 Besucherinnen und Besucher.
"Schaut mit Respekt auf die Vielfalt!"
Neben Kermani traten weitere Prominente beim "Eden-Fest" auf. So erzählte der Schauspieler Samuel Koch, er habe als kleiner Junge große Furcht vor dem Schlafengehen und der Dunkelheit gehabt. "Ich habe dann zu Gott gebetet: Mach, dass ich keine Angst mehr hab." Ab da sei diese tatsächlich weggewesen. Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter Michael Blume sagte: "Verbundenheit zur Umwelt heißt zu erkennen, dass das eine Mitwelt ist." Wer darum wisse, sei weniger gefährdet, in Verschwörungsmythen, Hass und Judenfeindlichkeit abzugleiten. Blume mahnte das Publikum: "Schaut mit Respekt auf die Vielfalt!"
Johannes Hartl ist bekannt für die Organisation von Großereignissen wie der Christenkonferenz "Mehr" in Augsburg. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kritik an den Eintrittspreisen gegeben. Beim "Eden-Fest" kostet eine reguläre Karte 279 Euro. Dazu sagte Hartl in einem Werbevideo, das sei zwar ganz schön viel. Aber dafür bekomme man die Möglichkeit, die eigene Perspektive auf die Welt grundsätzlich zu verändern. "Deswegen, glaube ich, solltest du dieses Geld investieren, obwohl ich einsehe, dass es viel ist." Ob das "Eden-Fest" fortgeführt wird, ist den Organisatoren zufolge noch nicht entschieden. (KNA)