Katholische Kirche müsse Vertrauen wiederaufbauen

Sellmann: Wäre überraschend, wenn Austrittszahlen nicht so hoch wären

Veröffentlicht am 28.06.2023 um 16:41 Uhr – Lesedauer: 

Bochum ‐ Noch nie traten so viele Katholiken aus der Kirche in Deutschland aus wie im Jahr 2022. Für den Theologen Matthias Sellmann keine Überraschung: Bevor es wieder an die Verkündigung gehen könne, müssten erst strukturelle Missstände beseitigt werden.

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Für den Bochumer Pastoraltheologen Matthias Sellmann ist das Rekordhoch bei den Austritten aus der katholischen Kirche keine Überraschung. "Es wäre überraschend, wenn die Zahlen nicht so hoch wären", sagte er am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Die Kirche hat durch Missbräuche und vor allem durch Vertuschung in einer Flächenbrand-mäßigen Weise das Organisationsvertrauen verloren." Bevor sie über Inhalte ihrer Verkündigung diskutiere, müsse sie daran arbeiten, dieses Vertrauen wiederherzustellen.

Einen wichtigen Beitrag dazu leistet aus Sellmanns Sicht der Synodale Weg. "Sein Ziel ist, strukturelle Missstände abzustellen." Erst wenn diese Hausaufgabe gemacht sei, lohne sich ein Nachdenken der Kirchenverantwortlichen, wie sie in der heutigen Zeit von Gott erzählen wollen.

Der Theologe verglich die Situation der katholischen Kirche mit dem Dieselskandal. "Wenn ich nicht sicher darauf vertrauen kann, dass ein Auto gut funktioniert, dann kann der Hersteller an der Armatur oder am Lenkrad tun was er will – die Menschen werden nicht in das Auto einsteigen." – Die deutschen Bistümer hatten am Mittwoch ihre Mitgliederstatistik für das vergangene Jahr vorgestellt. Demnach traten bundesweit 522.821 Menschen aus der Kirche aus – so viele wie nie zuvor. (KNA)