Kirchenoberhaupt und Kardinäle hätten "mit Neugier" zugehört

Anglikanische Bischöfin berät Papst Franziskus zur Frauenordination

Veröffentlicht am 09.02.2024 um 12:51 Uhr – Lesedauer: 

Madrid ‐ Der Kardinalsrat hat sich bereits mehrmals mit der Frauenordination beschäftigt. Bei der jüngsten Sitzung sprach unter anderem eine anglikanische Bischöfin zum Thema. Sie sagt: Der Papst und seine Berater hätten ihr interessiert zugehört.

  • Teilen:

Die anglikanische Bischöfin Jo Bailey Wells hat Papst Franziskus zum Thema Frauenordination beraten. "Ich wurde darum gebeten, über die Erfahrungen mit der Weihe von Frauen in der Kirche von England und der Anglikanischen Gemeinschaft zu sprechen", sagte Wells im Interview mit dem spanischen Magazin "Vida Nueva" (Donnerstag). Die englische Theologin sprach bei der jüngsten Sitzung des Kardinalsrats vom 5. bis 7. Februar im vatikanischen Gästehaus Santa Marta. Neben ihr waren zwei weitere Frauen eingeladen: Giuliva Di Berardino, Geweihte Jungfrau aus der Diözese Verona und Leiterin von Spiritualitätskursen und Exerzitien, sowie die italienische Theologieprofessorin und Don-Bosco-Schwester Linda Pocher. Die Ordensfrau hatte bereits 2022 und im Dezember 2023 dem Kardinalsrat ihre Überlegungen zur Rolle der Frau in der Kirche vorgestellt. Pocher sagte nach der Februar-Sitzung des Gremiums, dass Papst Franziskus ein Befürworter des Frauendiakonats sei.

Wells zeigte sich überrascht über die Einladung zum Treffen des Kardinalsrates. Der Papst und die Kardinäle hätten sich ihre Ausführungen interessiert und "mit Neugier" angehört. "Sie haben mehr zugehört als gesprochen." Die Stimmung im Rat während ihres Vortrags sei wie bei einem Seminar gewesen. "Es erscheint mir sehr bedeutungsvoll, dass sie mich eingeladen haben, auf gewisse Weise, wie eine Kollegin, eine Gefährtin im Dienst am Evangelium Christi", sagte die Bischöfin. Trotz unterschiedlicher konfessioneller Traditionen und theologischer Überzeugungen hätten Katholiken und Anglikaner viele Gemeinsamkeiten und könnten voneinander lernen.

Einheit bedeute nicht Einförmigkeit

Papst Franziskus sei gewillt, für Veränderungen in der Kirche auch Risiken einzugehen, sagte Wells. "Mir scheint, er hat keine Angst vor Veränderungen: Er ist offen für die Möglichkeit, dass die Traditionen der Kirche neu erzählt und neu gedacht werden, um dem Evangelium treu zu sein." Der Pontifex sei eine Inspiration und habe dem Klerikalismus den Kampf angesagt. Die Frauenweihe bei den Anglikanern bedeute nicht automatisch, dass es keine Diskriminierung von Frauen in ihrer Kirche mehr gebe, so Wells. "Es liegt noch viel Arbeit vor uns."

Die Spannungen innerhalb der Anglikanischen Gemeinschaft aufgrund der gleichgeschlechtlichen Ehe seien schmerzhaft, sagte die Bischöfin. Doch Einheit bedeute nicht Einförmigkeit, sondern man müsse sich darum bemühen, zu lieben und zu verstehen. Dennoch gehöre auch die Auseinandersetzung zum Selbstverständnis ihrer Kirche: "Unsere Unterscheidung passiert durch Streit und offene Annahme, auch wenn es unbequem ist, zusammenzubleiben." Die Anglikaner hätten manche Gegensätzlichkeiten versöhnt, wie eine gleichzeitig katholische und protestantische Identität. Die 58-jährige Wells ist Bischöfin und stellvertretende Generalsekretärin im Büro der Anglikanischen Gemeinschaft in London. Sie wurde 2016 zur Bischöfin von Dorking ernannt und vom Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, geweiht. Zuvor lehrte sie als Theologin in Großbritannien und den USA und war bis zu ihrer Bischofsweihe Hausgeistliche im Lambeth Palace, dem Amtssitz Welbys. (rom)