Kinderschutzkommission vermutet großes Dunkelfeld

Erstmals Zahlen zu Missbrauch in der katholischen Kirche der Slowakei

Veröffentlicht am 06.03.2024 um 11:54 Uhr – Lesedauer: 

Bratislava ‐ Vor fünf Jahren haben die slowakischen Bischöfe eine Kinderschutzkommission eingerichtet. Nun berichten die Experten erstmals und können Zahlen zu Missbrauch vorlegen. Die Bischofskonferenz zeigt sich erschüttert und selbstkritisch.

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Die katholische Kirche in der Slowakei hat erstmals einen Bericht ihrer Kommission zum Schutz von Minderjährigen vorgelegt. Seit Einrichtung der Kommission im Jahr 2018 sind laut dem am Dienstag veröffentlichten Bericht 68 Meldungen zu Übergriffen eingegangen. Von den 68 Fällen sind 44 bereits abschließend bearbeitet, davon konnten die Vorwürfe in 39 Fällen bestätigt werden. Die Kommission vermutet eine hohe Dunkelziffer. Grundlagen sind Meldungen von Betroffenen gegenüber den kirchlichen Meldestellen. "Die veröffentlichten Zahlen spiegeln bei Weitem nicht den objektiven Stand der Dinge wider, da wir uns bewusst sind, dass es in der Slowakei viel mehr reale Fälle gibt", so der Bericht.

Ein Großteil der eingegangenen Vorwürfe bezieht sich auf die lateinischen Diözesen des Landes, insgesamt 50. Drei Fälle betreffen die griechisch-katholische Kirche in der Slowakei, 15 die Ordensgemeinschaften. Statistische Auswertungen zu den Taten gibt es nur für die 39 bestätigten Fälle, die sich auf 44 betroffene Personen beziehen. Betroffene sind dabei vor allem Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren, in 54 Prozent der Fälle sind die Betroffenen weiblich. Die Täter sind in 34 Fällen Priester, dazu kommen drei Ordensleute und zwei Laien. In zehn der Fällen geht es um Vergewaltigungen.

Laisierungen und Tätigkeitsverbote häufigste Sanktion

In den abgeschlossenen Fällen wurden jeweils Sanktionen gegen die Beschuldigten verhängt. 14 Geistliche wurden aus dem Klerikerstand entfernt, zwei Laien entlassen. Acht Täter erhielten beschränkte, zehn umfassende Tätigkeitsverbote, in fünf Fällen wurde eine kirchenrechtliche Ermahnung ausgesprochen. Die Kommission stellt fest, dass nicht alle Fälle umfassend fehlerfrei gehandhabt wurden, "entweder weil es in der Vergangenheit noch nicht die Rechtsgrundlagen gab, die wir heute haben, oder weil der menschliche Faktor versagt hat".

Die Kommission für den Schutz von Minderjährigen wurde 2018 von der Slowakischen Bischofskonferenz eingerichtet und berichtet nun erstmals über ihre Arbeit. Seit 2018 melden die Bistümer und Orden jährlich nach einem einheitlichen Verfahren neue Fälle an die Kommission. Der Vorsitzende der Slowakischen Bischofskonferenz, Erzbischof Bernard Bober, räumte bei der Vorstellung ein, dass die Kirche nicht immer eine proaktive Rolle bei der Aufklärung von Missbrauch eingenommen habe. "Wir bedauern dies aufrichtig und entschuldigen uns für unsere eigene Unvorbereitetheit, Nachlässigkeit, mangelndes Interesse oder mangelnde Akzeptanz, die wir als Bischöfe in bestimmten Situationen begangen haben könnten", so Bober weiter. "Wir wissen, dass das Böse, das getan wurde, nicht wiedergutgemacht werden kann, aber wir möchten die schwere Last der misshandelten Menschen lindern." Nun befinde man sich auf einem Weg der Transparenz und der Wahrheit. Von den 5,4 Millionen Einwohnern der Slowakei bekennen sich etwa 60 Prozent zur katholischen Kirchen, aufgeteilt auf die lateinische Kirche mit 56 Prozent und die griechisch-katholische mit vier Prozent. (fxn)