Betroffene sollen bis zu 573.000 Euro erhalten

Katholische Kirche in Kanada zahlt Millionen an Missbrauchsopfer

Veröffentlicht am 08.07.2024 um 11:14 Uhr – Lesedauer: 

St. John's ‐ In einem der größten Missbrauchsskandale Kanadas hat die katholische Kirche in dem Land hunderten Betroffenen jetzt Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe zugesagt. Es geht um Missbrauch in einem Waisenhaus, der schon Jahrzehnte zurückliegt.

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Die katholische Kirche in Kanada wird nach eigenen Angaben Entschädigungszahlungen in Höhe von 104 Millionen kanadischen Dollar (rund 70 Millionen Euro) an hunderte Betroffene sexueller Übergriffe im Erzbistum St. John's leisten. Das geht aus einer Erklärung der Erzdiözese hervor, über die am Wochenende mehrere Medien berichteten. Demnach erhalten insgesamt 292 Betroffene jeweils Entschädigungen zwischen 55.000 und 850.000 kanadischen Dollar (etwa 37.100 und 573.000 Euro).

Das Erzbistum St. John's war 2020 für einen der größten Missbrauchsskandale in Kanada verantwortlich gemacht worden. Die Übergriffe durch Priester und andere kirchliche Amtsträger ereigneten sich einem Gericht zufolge im Mount Cashel Orphanage, einem inzwischen aufgelösten Waisenhaus für Jungen in der Provinz Neufundland und Labrador im Osten des Landes. Die Übergriffe begannen demnach im Jahr 1940 und erfolgten über mehrere Jahrzehnte. Die Erzdiözese St. John's meldete 2021 Konkurs an.

Erzbistum hat Vermögenswerte verkauft

Die ersten Vorwürfe waren laut Medienberichten schon 1987 laut geworden, damals waren zunächst Anschuldigungen gegen einen Priester erhoben worden. Zwei Jahre später wurde das ganze Ausmaß des Skandals publik. Unter anderem wurde bekannt, dass es bereits in den 1970er-Jahren Polizeiermittlungen gegeben hatte, die jedoch durch das örtliche Justizministerium unterdrückt worden waren. Einer der Opferanwälte sagte jetzt, dass die Menschen nicht wirklich erfasst hätten, "wie weit verbreitet der Missbrauch war". Er sei jedoch optimistisch, dass die Opfer jetzt den vollen vom Gericht zugesprochenen Betrag erhalten würden.

Der Erzbischof von St. John's, Peter Hundt, erklärte in einer am Wochenende veröffentlichten Pressemitteilung, dass die Erzdiözese weiter mit dem Gericht und den Opferanwälten zusammenarbeiten werde, um die Ansprüche der Betroffenen "fair und gerecht" festzulegen. In den vergangenen drei Jahren habe das Erzbistum durch Verkäufe von Vermögenswerten bereits rund 43 Millionen kanadische Dollar (rund 29 Millionen Euro) eingenommen, um die erwarteten Entschädigungszahlungen leisten zu können. Man setze nun die eigenen Bemühungen fort, um weitere Vermögenswerte zu veräußern. Dennoch sei noch viel zu tun, um "dieses dunkle Kapitel in der Geschichte der Erzdiözese" abschließen zu können. (stz)