Musical in Rom zeigt Seherin von Lourdes in neuem Licht

Wie aus dem hartnäckigen Teenager Bernadette eine Heilige wurde

Veröffentlicht am 28.01.2025 um 00:01 Uhr – Von Sabine Kleyboldt (KNA) – Lesedauer: 

Rom ‐ Was hat eine vor 180 Jahren geborene Heilige uns heute zu sagen? Erstaunlich viel, wie das Musical "Bernadette de Lourdes" zeigt. Es ist nicht nur spannend und authentisch, sondern bietet beste musikalische Unterhaltung.

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Es war ein kalter Februar-Tag im Jahr 1858, als der 14-jährigen Bernadette in einer Grotte am Fuß der Pyrenäen eine wunderschöne Frau in Weiß erschien. Ein Moment, der nicht nur das Leben des Mädchens, sondern auch das von Millionen Menschen bis heute verändern sollte. Doch ehe aus der jungen Hirtin die heilige Bernadette und aus dem Pyrenäendorf der Pilgerort Lourdes mit – möglicherweise – wunderheilender Kraft werden sollte, waren noch viele Kämpfe zu bestreiten.

Wie packend und aktuell die Lebensgeschichte von Bernadette Soubirous ist, kann man derzeit in Tanz, Text und Ton im Auditorium della Conciliazione in Rom erleben. Dort wird das Musical "Bernadette de Lourdes" zum Heiligen Jahr 2025 bis 16. Februar aufgeführt.

Darstellung nach Verhörprotokollen

Die Handlung setzt ein, als Bernadette (Gaia di Fusco) von Kommissar Jacomet (Cristian Ruiz) verhört wird. Der glaubt kein Wort von den merkwürdigen Erscheinungen, die sie fünf Monate lang in der Grotte von Massabielle erlebt haben will. Die Tochter sehr armer Eltern lässt sich vom Kommissar nicht die Behauptung in den Mund legen, es habe sich um die Jungfrau Maria gehandelt. Doch furchtlos beharrt sie darauf, die Dame in Weiß habe sie beauftragt, mit ihren Händen nach einer Quelle zu graben – aus der bis heute das angeblich wundertätige Lourdes-Wasser sprudelt.

Musical "Bernadette de Lourdes"
Bild: ©bernadettedelourdes.it/KNA

Schauspieler auf der Bühne in einer Szene aus dem Musical "Bernadette de Lourdes" in Rom.

Das 2019 in Frankreich uraufgeführte Stück von Serge Denoncourt (Regie), Lionel Florence und Patrice Guião (Text) setzt auf historische Authentizität: Die Dialoge sind vor allem den damaligen Zeitungsberichten sowie den Protokollen der kirchlichen Verhöre entnommen. Dank des großartigen Bühnenbilds von Stéphane Roy öffnet sich bei den Szenen im Hintergrund eine Videowand, auf der zum Beispiel Bernadettes Begegnungen mit der Unbekannten angedeutet werden. Die Musik von Grégoire, sonst oft mitreißend und rhythmisch, nimmt in diesen Momenten eine mystisch anmutende Klangfarbe an.

Massenszenen und zarte Balladen

Zwei Stunden erlebt der Zuschauer ein Potpourri aus temporeichen Massenszenen der gut 20 Darsteller, messerscharfen Dialogen und zarten Balladen. Hervorzuheben sind dabei Bernadettes Mutter Louise (Chiara Luppi) und Vater François (David Bàn) sowie Fabrizio Voghera als Abbé Peyramale.

Ein Glücksgriff ist zweifellos die 23-jährige Gaia di Fusco. Die junge Neapolitanerin, die schon an TV-Talentshows wie "Amici" oder "Io Canto" teilnahm, spielt die Hauptfigur als mutige, hartnäckige junge Frau, die trotz fehlender Bildung oder sozialer Wertschätzung das Erlebte gegen anfängliche Ablehnung ihrer Umgebung verteidigt. Mit ihrer klaren Stimme spiegelt sie Unschuld, Stärke und Spiritualität der Protagonistin. Dennoch fragt Bernadette in einer ihrer berührenden Balladen "Perché io?" (Warum ich?).

Bild: ©KNA/Guillaume Poli/CIRIC

Die Marienstatue in der Grotte von Lourdes, wo Bernadette die Muttergottes erschienen sein soll.

Manche Szene mutet wie ein Genrebild an. Auf dem Marktplatz steht das gesamte Ensemble zunächst starr wie ein lebendes Bild. Dann kommt Leben in die bunte Menge: Sie rufen sich aus den Zeitungen die neuesten Schlagzeilen über das Mädchen Bernadette zu. "Diceria" (Gerüchte) ist einer der Titel, die das Zeug zum Ohrwurm haben. Ein Übriges tun auch die historisch treuen Kostüme von Mérédith Caron.

Erste Heilige, die fotografiert wurde

Und sogar dieses Detail nimmt das Musical auf: Bernadette war die erste später heiliggesprochen Person, die fotografiert wurde. Witzig die Szene, in der der Fotograf aufgeregt zwischen seinem Stativ und dem Mädchen hin- und herstürzt. Als er endlich mit ihrer Position zufrieden ist und den Auslöser betätigt, ist die Szene kurz überblendet: Auf der Videowand materialisiert sich ganz langsam das berühmte Porträt des jungen Hirtenmädchens von 1858.

1862 wurden ihre Schilderungen offiziell vom Bischof anerkannt; zwei Jahre danach ging sie ins Kloster. Bernadette Soubirous starb am 16. April 1879 in Nevers an einer Lungenkrankheit. 1925 wurde sie selig-, 1933 heiliggesprochen. Sie habe sich Bernadette immer "himmlisch" und "weit entfernt" vorgestellt, sagte Hauptdarstellerin Gaia di Fusco in einem Interview. "Bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass sie ein Mädchen mit Charakter ist. Von da an begann ein ständiger Austausch zwischen uns."

Von Sabine Kleyboldt (KNA)