Strafbare Vertuschung zu weit in der Vergangenheit

Staatsanwaltschaft kann in Sachen Abbé Pierre nicht ermitteln

Veröffentlicht am 05.02.2025 um 10:43 Uhr – Lesedauer: 

Paris ‐ Bei der Aufklärung der Vorwürfe sexualisierter Gewalt gegen Abbé Pierre hatte die Kirche Hoffnung in die Staatsanwaltschaft gesetzt – vergeblich: Gegen Tote wird ohnehin nicht ermittelt. Doch auch mögliche Vertuschungen sind schon verjährt.

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Die Pariser Staatsanwaltschaft kann im Fall der Vorwürfe sexualisierter Gewalt gegen den verstorbenen Armenpriester Abbé Pierre (1912–2007) keine Ermittlungen einleiten. Verfahren gegen Tote seien ohnehin nicht möglich, aber auch eventuelle Mitwisser und Vertuscher können aufgrund von Verjährung nicht mehr belangt werden, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag der Agentur AFP mit. Die französische Bischofskonferenz bedauerte gegenüber AFP die Entscheidung und betonte, weiterhin alles daran zu setzen, "damit die ganze mögliche Wahrheit über die von Abbé Pierre begangenen Taten herausgefunden wird".

"Ziel einer Ermittlung ist es, zu untersuchen, ob strafrechtlich relevante Handlungen gerichtlich geahndet werden können und müssen. Wenn die Staatsanwaltschaft Ermittlungen einleitet, weil offensichtlich verjährte Taten zum Nachteil von Minderjährigen angezeigt wurden, so geschieht dies, um zu untersuchen, ob andere Minderjährige später Opfer ähnlicher Taten geworden sind", erläuterte die Staatsanwaltschaft. Dies geschehe aber nicht bei verstorbenen Beschuldigten. Um Betroffene besser zu schützen, wird auch die Nichtanzeige von Straftaten sanktioniert. Die Auswertung der bisher veröffentlichten Aufarbeitungsberichte zu Abbé Pierre haben laut der Staatsanwaltschaft aber keine Hinweise auf Vertuschung ergeben, bei der noch keine Verjährung eingetreten wäre.

Vorwürfe in über 30 Fällen bekannt

In den vergangenen Monaten wurden zahlreiche Vorwürfe sexueller Übergriffe gegen den Priester erhoben. Zuletzt berichteten französische Medien Mitte Januar von neun weiteren Zeugenaussagen, laut denen Abbé Pierre unter anderem einen minderjährigen Jungen vergewaltigt haben soll. Die Taten sollen sich den Aussagen zufolge zwischen den 1950er- und den 2000er-Jahren ereignet haben.

Henri Antoine Grouès, so der bürgerliche Name Abbé Pierres, hatte 1949 die Emmaus-Gemeinschaft gegründet. Sie setzt sich heute mit Hilfe zur Selbsthilfe in knapp 40 Ländern weltweit gegen Armut und Obdachlosigkeit ein. Die von dem Priester gegründete Emmaus-Bewegung und die Abbé-Pierre-Stiftung informierten in mittlerweile drei Berichten über den Stand der Aufklärung. Mittlerweile hat die Stiftung ihren Namen geändert, Einrichtungen, Straßen und Plätze, die zu Ehren des Priesters benannt sind, sollen umbenannt werden. Derzeit sind Vorwürfe in mindestens 33 Fällen bekannt. (fxn)