Früher war mehr Gottvertrauen!
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Ist die Migration wirklich die Mutter aller Probleme? Werden die Brücken wieder in Stand gesetzt sein, wenn man den "Zustrom" begrenzt? Werden die Menschen wieder bezahlbare Wohnungen haben? Wird man sich dann endlich wieder auf den Fahrplan der Deutschen Bahn verlassen können? Wohl kaum! In der gegenwärtigen Diskussion wird ein Scheinriese aufgebaut, der Herrn Turtur aus Michael Endes Jim-Knopf-Erzählung alle Ehre macht. Wenn dann selbst christliche Sozialethiker vor dem Scheinriesen einknicken und kleinmütig davon reden, wir würden es nicht schaffen, sollte man wachsam sein. War es nicht immer das Kennzeichen des Christentums, die Herausforderungen des Lebens aufrecht anzunehmen?
Tatsächlich hält die Gegenwart zahlreiche Herausforderungen bereit. Wenn – wie in der letzten Woche in Wuppertal bei der Konferenz des Stadtdekanates geschehen – Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft davon berichten, dass sie Pflegekräfte in Kenia, den Philippinen oder der Ukraine anwerben müssten, weil der personelle Notstand sonst kaum auszugleichen ist; und wenn der Geschäftsführer eben dieses Krankenhauses berichtet, dass es viel zu lange dauert, bis etwa syrische Ärzte die Anerkennung ihrer Ausbildung erhielten, damit sie endlich hier in Deutschland ihren Beruf ausüben können, sie zuvor aber noch nicht einmal ein Pflaster verabreichen dürfen, dann wird die Mutter aller Probleme sichtbar: Es ist eine überbordende Bürokratie und eine verengte Sicht auf die Migration, die auf einer spontanen Empörung basiert: Wer würde angesichts der Taten von Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg unberührt bleiben!
Fraglich ist allerdings, ob solche Taten durch ein "Zustrombegrenzungsgesetz" verhindert worden wären. Eher ist zu fragen, warum die Überwachung der schon zuvor auffälligen Täter nicht konsequent umgesetzt wurde. Das Personal, das zur Sicherung der Außengrenzen eingesetzt wird, fehlt in der Sicherung des Inneren. Statt Scheinriesen aufzubauen, wäre es angezeigt, die eigentlichen Probleme zu benennen, sie anzugehen und zu lösen. Im Psalm 23 heißt es: "Auch wenn ich gehe im finsteren Tal, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab, sie trösten mich." (Ps 23,4) Früher war einfach mehr Gottvertrauen!
Der Autor
Dr. Werner Kleine ist Pastoralreferent im Erzbistum Köln und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.