Papst schreibt Brandbrief an US-Bischöfe zu Trumps Deportationspolitik
Papst Franziskus hat in einem Brief an die US-Bischöfe die Pläne von Massendeportationen durch Präsident Donald Trump scharf kritisiert. Mit einem richtig gebildeten Gewissen komme man nicht umhin, alle Maßnahmen abzulehnen, die stillschweigend oder ausdrücklich den illegalen Status einiger Migranten mit Kriminalität gleichsetzen, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Schreiben. Eine Politik, mit der Migration geordnet geregelt wird, sei zulässig. Er betonte aber: "Was auf der Grundlage von Gewalt und nicht auf der Wahrheit über die gleiche Würde jedes Menschen aufgebaut wird, beginnt schlecht und wird schlecht enden."
Bereits wenige Tage nach der Amtsübernahme Trumps hatte der Präsident die Einwanderungsbehörden zu einem harten Durchgreifen angewiesen. Die Grenzpolizei erhielt neu die Befugnis, auch in Schulen, Krankenhäusern und Kirchen Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus festzunehmen und zu deportieren.
Die Abschiebung von Menschen, die ihre Heimat aufgrund extremer Armut, Unsicherheit, Ausbeutung, Verfolgung oder gravierenden Umweltproblemen verlassen haben, verletze die Würde vieler Männer und Frauen sowie ganzer Familien. Echte Rechtsstaatlichkeit zeige sich gerade in der Behandlung der Ärmsten und am stärksten Ausgegrenzten: "Das wahre Gemeinwohl wird gefördert, wenn Gesellschaft und Regierung mit Kreativität und strikter Achtung der Rechte aller die Schwächsten, Schutzlosesten und Verwundbarsten willkommen heißen, schützen, fördern und integrieren."
Jesus selbst hat Flucht auf sich genommen
In seinem Brief bezieht sich der Papst auf die Bibel und verweist sowohl auf den Weg des Volkes Israel von der Sklaverei zur Freiheit als auch auch die Flucht der heiligen Familie nach Ägypten: "Der Sohn Gottes, der Mensch wurde, entschied sich auch dafür, das Drama der Migration zu erleben." Der Begriff der Menschenwürde bedeute, dass der Wert der menschlichen Person jede andere rechtliche Überlegung übersteige: "Daher sind alle Gläubigen und Menschen guten Willens aufgerufen, die Legitimität von Normen und öffentlicher Politik im Lichte der Würde der Person und ihrer Grundrechte zu betrachten und nicht umgekehrt."
Außerdem spricht der Papst in dem Brief das Gleichnis vom barmherzigen Samariter an, das dazu auffordert, eine wahre Ordnung der Liebe ("ordo amoris") voranzubringen, nämlich eine Liebe, "die eine für alle offene Geschwisterlichkeit aufbaut, ohne Ausnahmen". Franziskus spielt damit auf den US-Vizepräsidenten J. D. Vance an, der unter Verweis auf das Konzept des "ordo amoris" des Kirchenvaters Augustinus betont hatte, dass es eine christliche Auffassung sei, "erst die eigene Familie zu lieben, dann den Nachbarn, dann die lokale Gemeinschaft, dann die Mitbürger, und danach erst den Rest der Welt zu priorisieren". Das hätten "viele am linken Rand komplett umgedreht". Dem hatte bereits der Jesuit James Martin unter Verweis auf das Gleichnis widersprochen.
Papst Franziskus würdigt in seinem Schreiben den Einsatz der US-amerikanischen Bischöfe für Migranten und Geflüchtete. Außerdem ermahnt er alle Gläubigen und Menschen guten Willens, "nicht den Erzählungen nachzugeben, die unsere Brüder und Schwestern unter den Migranten und Flüchtlingen diskriminieren und ihnen unnötiges Leid zufügen". Alle seien dazu aufgerufen, "in Solidarität und Brüderlichkeit zu leben, Brücken zu bauen, die uns einander näher bringen, Mauern der Schande zu vermeiden".
Erste Zusammenstöße zwischen Papst und Trump-Regierung
Ende Januar hatte der Leiter der US-Einwanderungsbehörde Tom Homan Papst Franziskus bereits scharf kritisiert, weil dieser schon vor der Amtseinführung Trumps deutlich vor den geplanten Massendeportationen gewarnt hatte. Wenn Trump als eine seiner ersten Amtshandlungen illegale Zuwanderer zurückschicken würde, wäre das "eine Tragödie", so das Kirchenoberhaupt. "Er lässt die Armen die Rechnung für die ungleiche Verteilung zahlen. So werden die Dinge nicht gelöst."
Noch vor der Amtsübernahme durch US-Präsident Donald Trump hatte Papst Franziskus im Januar Kardinal Robert McElroy zum Erzbischof der Hauptstadt-Diözese Washington ernannt. Als Bischof von San Diego gehörte McElroy zum liberalen Flügel der US-Bischofskonferenz und war vor allem für sein Engagement für Geflüchtete und Migranten bekannt. Vor der Veröffentlichung des Briefes an die US-Bischöfe teilte der Vatikan außerdem die Ernennung von Edward Joseph Weisenburger, der bisher Bischof von Tucson war, zum Erzbischof von Detroit mit. Auch Weisenburger betonte immer wieder die Würde Geflüchteter. Unter anderem wandte er sich in der ersten Amtszeit Trumps deutlich gegen die Trennung von Kindern von Geflüchteten von ihren Eltern an der Grenze, mit der die Regierung eine Politik der Abschreckung beabsichtigte. Der Bischof hatte kirchenrechtliche Strafen für Katholiken, die an diesen Maßnahmen beteiligt waren, in die Diskussion gebracht. (fxn)