Söders Mahn- und Drohworte an die Kirche sind anmaßend
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"Moralwächter"! Die Debatte um den Unions-Vorstoß zur Migrationspolitik und dessen ausgesprochen kritische Einordnung durch die kirchlichen Verbindungsbüros im Bundes-Berlin dauert auch nach zwei Wochen an.
Auffallend ist: Zwar gab es, auch von einzelnen Bischöfen, diverse Kritik am Zeitpunkt der Veröffentlichung und am pointierten Anschreiben. Aber an der Auflistung rechtlicher Schwächen und Widersprüche des umstrittenen Gesetzentwurfs, für den aus den Fraktionen von CDU/CSU, FDP und AfD nicht genug Stimmen zusammenkamen, arbeitete sich kaum jemand ab. Falsch kann die Kritik kaum gewesen sein. Der prominenteste Nicht-Kanzlerkandidat der Union, CSU-Chef Markus Söder, wird den Kirchen diese Kritik wohl nicht vergessen. Bereits in seiner Rede beim CDU-Bundesparteitag in Berlin am 3. Februar hatte er sich – was medial kaum nachklang – die Kirchen vorgeknöpft.
Er habe, so der bayerische Ministerpräsident, "keine Lust", dass ihm "ständig irgendwelche selbsternannten Moralwächter" erklärten, was man zu tun habe. Man stehe zum Kreuz, zum Religionsunterricht, zu den Kirchen. "Manchmal würde ich mir wünschen, dass das auch ein bisschen mehr respektiert wird, dass wir die einzigen und letzten sind, der überhaupt zu dieser Idee, zu dieser Frage steht".
Das spitzte Söder fünf Tage später beim Kleinen CSU-Parteitag in Nürnberg noch zu. So nannte er, mit einem leisen Lächeln, auch die Gehälter, "die bezahlt werden". Und formulierte dann ("keine Kritik") einen "Merkposten: Nicht vergessen, wer am Ende noch an der Seite der Institution Kirche steht. Das sind nämlich wir. Nicht dass irgendwann man ganz plötzlich alleine steht. Denkt mal darüber nach." Anmaßend.
Keiner der prominenteren Kirchenvertreter in Bayern empörte sich über die Mahn- und Drohworte des Ministerpräsidenten. Niemand erinnerte ihn laut daran, dass die (durchaus kritikwürdige) Übernahme der Gehälter diverser bayerischer Geistlicher durch den Freistaat nichts mit der CSU, aber viel mit Staatskirche-Verträgen zu tun hat. Verträge, deren Ablösung debattiert wird und von Söder zuletzt wohl nicht vorangetrieben wurde.
Der ein oder andere vermisst nach Söder eine kräftige kirchliche Erwiderung. Grober Klotz, grober Keil und so… Aber vielleicht ist es ja geistliche Klugheit und zugleich höchste Strafe für Söder, sich einfach nicht dazu zu äußern. Auch die Herren Bischöfe kennen ihn – so wirkt es.
Der Autor
Christoph Strack ist Fachredakteur der Deutschen Welle für Religion und Religionspolitik.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.