Pfarrgemeinderat im Erzbistum Köln tritt aus Protest geschlossen zurück
Ein Pfarrgemeinderat im Erzbistum Köln ist aus Protest gegen die Versetzung des Leitenden Pfarrers geschlossen zurückgetreten. Am Mittwoch erklärten alle Mitglieder des Pfarrgemeinderats im Seelsorgebereich Unkel, dass sie ihr Amt niederlegen. In einem Schreiben an den leitenden Pfarrer Michael Ottersbach, das katholisch.de vorliegt, bedauern die ehemaligen Pfarrgemeinderatsmitglieder unter anderem mangelnde Beteiligung durch das Erzbistum vor der Personalentscheidung und allgemein beim diözesanen Prozess "#ZusammenFinden", mit dem die Pfarreistruktur im Erzbistum reformiert wird. "Wir wollen diesen Weg nicht länger als 'demokratisches Feigenblatt' begleiten", heißt es in dem Schreiben.
Auf Anfrage von katholisch.de bezeichnete ein Sprecher der Erzdiözese den Rücktritt als "sehr bedauerlich": "Das Erzbistum Köln steht daher im Kontakt mit dem Diözesanrat der Katholiken und sucht den Austausch mit den Beteiligten vor Ort, um die Situation bestmöglich zu klären." Zum weiteren Vorgehen verwies der Sprecher auf die Satzung der Pfarrgemeinderäte. Wenn mehr als die Hälfte der gewählten Mitglieder des Gremiums ausscheiden, sieht die Satzung vor, dass der Erzbischof nach Prüfung der örtlichen Situation über das weitere Vorgehen entscheidet. Eine Neuwahl ist nicht vorgesehen.
Erzbistum weist mangelnde Beteiligung zurück
Den Vorwurf des Pfarrgemeinderats, dass seine Beteiligungsrechte verletzt wurden, da er nicht zur geplanten Versetzung des Leitenden Pfarrers gehört wurde, wies das Erzbistum zurück. Die Satzung sehe lediglich bei einer Neubesetzung einer Pfarrstelle eine Beteiligung vor: "Vor solchen Personalentscheidungen finden protokollierte Gespräche mit den zuständigen Gremien statt, die von dem jeweiligen Weihbischof geführt werden." In diesem Fall handle es sich aber lediglich um eine "Stellenerweiterung" des in der Pfarrei bereits tätigen weiteren Pfarrers. "Deshalb war keine Gremienbefragung erforderlich."

Nach dem Rücktritt ist der Erzbischof von Köln am Zug: Er muss über das weitere Vorgehen entscheiden, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder eines Pfarrgemeinderats wegfallen.
Im Dezember hatte das Erzbistum die Gemeindemitglieder und Beschäftigten der betroffenen Gemeinden mit einem Schreiben darüber informiert, dass Kardinal Rainer Maria Woelki den Rücktritt von Pfarrer Michael Ottersbach angenommen habe und ihn Ende August 2025 entpflichten werde. Zugleich ernannte der Erzbischof den bereits in den Gemeinden tätigen Pfarrer Markus Hoitz zum neuen leitenden Pfarrer.
Grundsatzkritik an Strukturreformen
In ihrem Schreiben klagen die ehemaligen Pfarrgemeinderatsmitglieder darüber, dass es im Strukturreformprozess vor Ort nur die Möglichkeit gebe, zwischen zwei Varianten zu wählen. In den pastoralen Einheiten gibt es die Möglichkeit, entweder zu einer einheitlichen Pfarrei zu fusionieren oder im Zuge eines "Spurwechsels" auf Ebene der pastoralen Einheiten eine Pfarreiengemeinschaft zu bilden und einen Kirchengemeindeverband zu gründen. Die Mitglieder sehen den "nur von Köln gewollten" Weg zur Großpfarrei als "vorgezeichnet"; das Erzbistum habe "für den sogenannten Spurwechsel in die 'kleinere' Variante struktureller Veränderung ein faktisch unerreichbar hohes Quorum aller Gremien vorgegeben". Die Option auf Pfarreiengemeinschaften wurde entgegen voriger Planungen im Herbst 2023 durch das Erzbistum eröffnet.
Die Kirche habe ihren Mitgliedern vor Ort in den entscheidenden Fragen noch nie relevante Entscheidungsbefugnisse eingeräumt, heißt es in dem Brief weiter: "Als Pfarrgemeinderäte beraten wir, starten Initiativen, stoßen Diskussionen an – aber eine ernstzunehmende Mitentscheidungskompetenz steht uns nicht zu." In den Strukturreformen sehen die ehemaligen Pfarrgemeinderäte eine Kirche auf dem Rückzug: "Wir sind eine Kirche, die jede Hoffnung aufgegeben hat, je wieder mehr Menschen zu erreichen - und deshalb ihre Strukturen anpasst." Es sei viel leichter, Debatten über Strukturreformen zu führen, als sich inhaltlichen Fragen zu stellen: "Strukturdebatten sind einfacher, sehr viel schwieriger ist es, die Frage zu beantworten, was Kirche tun muss, um Menschen von Gott zu begeistern, wie Kirche die Frohe Botschaft glaubwürdig verkünden und vorleben kann und wo Kirche Fürsprecherin der Schwachen sein muss."
Pfarreireform auch in anderen Gemeinden umstritten
Unter dem Projekttitel "#ZusammenFinden" reformiert das Erzbistum Köln seine pastoralen Strukturen. Als Grund für den Prozess führte das Erzbistum die rückläufigen Zahlen bei Katholiken, Engagierten, Seelsorgenden und bei den Finanzen an. Kardinal Woelki hatte im Rahmen des "Pastoralen Zukunftswegs" diesen Schritt angekündigt, was zu heftiger Kritik an der Kirchenbasis geführt hatte. 2023 gab es bei einem Modellprojekt in Bergisch Gladbach Proteste, unter anderem wegen der Abberufung eines Pfarrers. Das Erzbistum ließ daraufhin von dem Modellprojekt vorerst ab. Seit August 2023 stehen die Zuschnitte der Pastoralen Einheiten fest.
Die Reformpläne im Erzbistum Köln werden auch im Vatikan aufmerksam beobachtet. Im Januar legte das Klerusdikasterium Kardinal Woelki nahe, einen kritischen Aufsatz in einer juristischen Fachzeitschrift zur Pfarreireform "zu bedenken, um pastorale und rechtliche Schwierigkeiten zu vermeiden". Gegenüber katholisch.de betonte das Erzbistum, sich von Anfang an mit den zuständigen Vatikan-Behörden abgestimmt zu haben. Das Dikasterium habe das Vorhaben explizit bestätigt und das schrittweise und dialogorientierte Vorgehen bei der Festlegung der neuen Pastoralen Einheiten ausdrücklich gelobt: "Es steht im Einklang mit der Lehre und Praxis der Kirche." (fxn)