Warum ein Pfarrer einen Flughafen bauen half
Den Blick zum Himmel zu richten, ist für Priester keineswegs außergewöhnlich. Doch im kleinen Städtchen Knock im Westen Irlands hat sich ein Pfarrer auf ganz andere Weise dem Himmel zugewendet: Er hat dem platten Land einen Flughafen beschert. Die Geschichte von James Horan ist auch die Geschichte eines Mannes, der nie aufgegeben hat.
Horan stammt aus einfachen Verhältnissen, sein Vater ist Kleinbauer und Kremer. 1911 geboren, wird er 1936 Priester. Schon in seinen ersten Jahren als Geistlicher fällt auf, dass er mit großem Elan seine Aufgabe angeht. Der Westen Irlands ist damals (und zum Teil auch heute noch) sehr abgelegen, es gibt kaum größere Städte, in dem agrarischen Umfeld mangelt es an Perspektiven. Horan nimmt das nicht einfach hin. Er setzt sich für den Bau eines Tanzsaales ein, um die Menschen zusammenzubringen – und geht dazu auf einer Reise durch verschiedene Städte der USA auch Geld sammeln. Schon damals beschäftigt ihn, dass viele Menschen wegen der Armut dort wegziehen, ihre Lebensumstände will er verbessern.
"Glaubwürdig und zufriedenstellend"
1963 kommt Horan nach Knock, 1967 wird er dort Pfarrer. Der Ort hat eine katholische Vorgeschichte: 1879 sollen 15 Einwohnern die heilige Maria, der heilige Josef und der heilige Johannes der Evangelist erschienen sein – direkt neben der Dorfkirche. Die Kirche bewertet die Aussagen der Menschen als "glaubwürdig und zufriedenstellend", hat also nichts gegen Wallfahrten dorthin. Das führt im katholisch geprägten Irland schnell dazu, dass auch Pilger kommen. Es sind neben Iren vor allem US-Amerikaner mit irischen Wurzeln. Die Menschen erhoffen sich in dem kleinen Ort die Heilung von Krankheiten.
Schon in den 1960er Jahren wächst die Zahl der Pilger, die Pfarrkirche sowie die nach der Erscheinung gebaute Kapelle werden zu klein. Für Horan steht bald fest: Der Ort braucht noch eine größere Kirche. Also wird zum 100. Jahrestag der Erscheinungen die Basilika Unserer Lieben Frau, Königin von Irland gebaut, sie wird 1976 fertig und fasst 10.000 Plätze.

Die große Basilika, die unter Horan gebaut wurde, prägt den Wallfahrtsort heute.
Doch das reicht Horan nicht – zum eigentlichen Jubiläum setzt er sich für einen Besuch von Papst Johannes Paul II. ein. "Das wird die größte Sache in der irischen Geschichte", wird der Priester zitiert. "Er wird großartig aufgenommen werden, vielleicht sogar noch größer als in Polen." Der Papst besucht 1979 tatsächlich Irland, mit dem dezidierten Ziel Knock. Es wird in der bislang ärmlichen Kleinstadt gearbeitet: Renovierungen, Sanierungen – das 1.000-Einwohner-Städten erstrahlt zum Papst-Besuch in neuem Glanz. Johannes Paul II. verleiht der Wallfahrtskirche den Status "Basilica minor" und festigt damit den Status des Städtchens als einer der bedeutenden Wallfahrtsorte der katholischen Welt. Am 30. September kommen eine halbe Million Pilger. Der Papst steigt aus seinem Helikopter und sagt: "Hier bin ich nun am Ziel meiner Reise nach Irland: Am Heiligtum Unserer Lieben Frau von Knock."

Der große Tag: Papst Johannes Paul II. in Knock 1979.
Ein großer Tag für den Ort und für Horan. Doch der ist noch nicht zufrieden: Er sieht nun die Chance, mit dem Wallfahrtsbetrieb weiterhin etwas für die Menschen vor Ort zu tun. Doch dafür müssen die Pilger erstmal bis nach Westirland kommen, die Region ist bis dahin nur schwer zu erreichen. Ein einfacher Weg: Ein Flughafen. So sollen mehr und mehr Pilger kommen.
Ein Flughafen im Sumpf
Die Idee wird zunächst belächelt. Ein Flughafen im Sumpf, wer braucht denn sowas? Doch Horan gibt nicht auf: Bei einem Mittagessen und mit extra choreographierten Bauarbeiten am eigentlich noch nicht existierenden Flughafen für einen Fernsehbeitrag bekommt er den irischen Regierungschef Charles Haughey dazu, das Projekt mitzufinanzieren. Die Bauarbeiten laufen – bis zu den nächsten Wahlen 1982, die zu einem Regierungswechsel führen. Die neue Regierung streicht weitere Mittel. Nun ist Horan wieder gefragt: Er tritt eine große Tour durch mehrere Länder an und sammelt etwa in den USA und Australien Geld für sein Herzensprojekt. Im heimischen Irland veranstaltet er eine große Lotterie. Am Ende steht die Finanzierung – und 1985 heben die ersten Flugzeuge vom neuen Flughafen ab, das Ziel ist Rom. Die offizielle Eröffnung ist im Jahr darauf. Benannt wird der Flughafen nach dem Priester. Horan ist am Ziel – aber nach den vielen Anstrengungen erschöpft. Er stirbt 1986 auf einer Wallfahrt nach Lourdes.
Der Flughafen erntet zunächst weiter Spott, doch die Zahlen geben dem Projekt Recht: 1990 reisen 200.000 Fluggäste von dort, 2024 sind es mehr als 800.000. Heute ist der Ort mit 22 Zielen in der ganzen Welt verbunden. Auch wenn der Flughafen seit 2006 Ireland West Airport heißt und damit nicht mehr nach Horan benannt ist, sein Leben ist eng mit dem Flughafen verbunden. Nach Horans Tod ist der Flug mit seinem Leichnam der erste Beerdigungsflug, der aus Lourdes am neuen Flughafen anlangt. Heute steht dort eine Bronzestatue von ihm. Beerdigt wird Horan am Schrein in dem Ort, für den er sich Jahrzehntelang eingesetzt hat.