Bischof Genn: Davor habe ich beim Abschied den größten Horror
Mit Blick auf seinen nahenden 75. Geburtstag und den damit verbundenen Abschied als Bischof von Münster fürchtet sich Felix Genn vor allem vor einer Sache: "Zu viele Geschenke!", verriet Genn im Interview mit dem Münsteraner Internetportal "kirche-und-leben.de" (Donnerstag). "Ich will nichts mehr, ich habe zu viel! Ich habe genug Bücher, ich habe genug Bilder, ich habe genug Nippes, und ich habe genug Wein." Er habe einen Horror vor Bergen von Geschenken. "Das ist sicher alles gut gemeint, aber ich muss mich schon jetzt von allem möglichen trennen. Es muss nichts sein, bitte!"
Am 6. März wird Genn 75 Jahre alt. Damit hat er die Altersgrenze erreicht, an der Bischöfe gehalten sind, dem Papst ihr Rücktrittsgesuch zu übergeben. Diesen Brief hat der Münsteraner Bischof nach eigenen Worten bereits abgeschickt. Genn hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, dass er zu seinem 75. Geburtstag aus dem Amt scheiden wolle. Das Aufhören als Bischof werde ihm "ganz leicht" fallen, sagte Genn jetzt im Interview. "Ich bin 75, ich spüre die Grenzen des Alters und ich denke, es ist jetzt gut." Er wisse nicht, ob er den Aufgaben in seiner großen Diözese sonst noch gerecht werden könne.
Nach seiner Emeritierung wolle er nicht zurück in seine Heimat in der Eifel, sondern in Münster bleiben, da er dort seinen Lebensmittelpunkt gefunden habe. Ob er weiterhin Pontifikalämter im Dom feiern werde, wolle er mit dem Diözesanadministrator und dem künftigen Bischof besprechen. Er werde sich aber auch im Ruhestand weiter ganz besonders für Theologie interessieren.
"Das zerreißt mich"
Genn erklärte weiter, dass durch die Weltsynode innerhalb der Kirche eine "gewisse Beruhigung" eingetreten sei. Nun sei zu klären, wie es mit den "aufgerissenen Fragestellungen und Problemen" weiter gehe. Größere Sorgen als die Veränderungen innerhalb der Kirche machten ihm aber der Krieg in der Ukraine oder die politische Situation in Deutschland. "Wenn ich sehe, was von Politikern einer Partei an Parolen ausgegeben wird, die bei den Bundestagswahlen wohl deutlich hinzugewinnen wird, dann zerreißt mich das auch deshalb, weil zu meiner Biographie unbedingt dazugehört, dass so etwas nie wieder passieren darf", erklärte Genn. "Das zerreißt mich wie gesagt weit mehr, als alles, was wir in unserer Kirche, in unserem Bistum an Zerrissenheiten, Spaltungen und Konfliktherden haben, die es zweifellos auch gibt."
Angesprochen auf das Thema Missbrauch sagte Genn: "Wir müssen uns davor hüten, einen Haken hinter das Thema des sexuellen Missbrauchs zu machen. Im Gegenteil muss deutlich werden: Wir werden sexuellen Missbrauch in unserer Kirche weiter mit allen Mitteln bekämpfen und zu verhindern versuchen", so der Bischof. "Wir wollen etwas verändern in unserem Stil, in unserer Art und Weise zu verkündigen, in unserem Erlernen größerer Empathie für den je einzelnen Menschen."
Im Hinblick auf das Bischofsamt betonte er, dass es keine synodale Kirche ohne synodale Bischöfe geben könne. "Auch Bischöfe müssen lernen, synodal zu leben und zu arbeiten", betonte Genn. "Man kann nicht meinen: Jetzt bin ich Bischof und mache alles top-down, von oben nach unten. Das darf man aber auch als Gläubiger nicht mehr erwarten!" (cbr)