Genesis neu ausgelegt

Neue Erkenntnisse zur Sintflut: Viel höher als gedacht?

Veröffentlicht am 27.02.2025 um 11:25 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Wie hoch stieg die Sintflut? 15 Ellen über den Berggipfeln, liest man in den gängigen Bibelfassungen – aber ist das richtig übersetzt? Zwei Altertumswissenschaftler schlagen nun eine andere Interpretation vor: Das Wasser stieg viel höher als gedacht!

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Der Bericht über die Sintflut im Buch Genesis könnte noch dramatischer sein, als es die üblichen Bibelübersetzungen darstellen: Bei der Berechnung des Wasserstands sei bisher von einem falschen Ausgangspunkt ausgegangen worden, argumentieren die beiden Altertumswissenschaftler und Experten für semitische Philologie, Josef Tropper und Juan-Pablo Vita, in einem Beitrag in der aktuellen Ausgabe der "Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft". Üblich ist bisher die Übersetzung, dass das Wasser "fünfzehn Ellen über die Berge hinaus angeschwollen" sei (Gen 7,20 nach Einheitsübersetzung). Die beiden Wissenschaftler sprechen sich dagegen für eine neue Übersetzung aus: "(Bis) auf 15 Ellen von oben war das Wasser angeschwollen, und die Berge waren (vollständig) bedeckt." Die Angabe beziehe sich also auf den Abstand von der "Himmelsunterseite".

Die damals vorherrschende kosmologische Vorstellung sei gewesen, "dass die Himmelsunterseite wie eine metallene Platte […] geformt war, die wie eine feste Decke über der irdischen Sphäre eingezogen war, als Grenze zwischen der himmlische Sphäre darüber und der irdischen Sphäre darunter". Diese Himmelsunterseite sei zwar hoch oben, aber nicht "astronomisch weit" oben: "Die Himmelsunterseite befand sich gemäß dieser Vorstellung vielmehr direkt oberhalb der Wolken."

15 Ellen trennten die Welt von ihrem Untergang

Aus der Analyse des hebräischen Urtextes der Genesis schließen die Wissenschaftler, dass die Übersetzung "über die Berge hinaus" nicht zutreffend sei. Dafür sprächen neben sprachwissenschaftlichen auch inhaltliche Gründe: Da Berggipfel unterschiedlich hoch seien, stelle sich die Frage, von welchem Berg aus gemessen werden solle und wie angesichts einer endlosen Wasseroberfläche gemessen werden könne. Angesichts vieler präziser Angaben im Sintflutbericht unter anderem zum Alter Noahs, zur Dauer des Regens und der Flut sowie zur Anzahl der Tiere auf der Arche gehen die Autoren davon aus, dass auch die 15 Ellen nicht als abstrakte Größe, sondern wörtlich verstanden werden müssen: "In diesem Zusammenhang wäre es höchst sonderbar, dass sich (nur) in Gen 7,20 eine 'abstrakte' Schätzung von circa 15 Ellen Wasserstand über den Bergspitzen fände."

Mit einer Messung von der Himmelsunterseite werde die Sintflutgeschichte noch dramatischer: "Um ein Haar wäre doch alles Leben auf der Erde ausgelöscht worden, also auch die Menschen und Tiere der Arche." Die Arche selbst habe nur eine Höhe von 30 Ellen, bei einem Tiefgang von 15 Ellen sei sie also gerade so hoch gewesen, dass sie noch zwischen Wasseroberfläche und Himmelsunterseite gepasst habe: "Wäre das Wasser auch nur eine einzige Elle höher gestiegen, wäre die Arche oben an die Himmelsfeste gestoßen und zerbrochen. Wäre das Wasser noch weiter gestiegen, hätte es überhaupt keine Luft zum Atmen und Leben mehr gegeben." (fxn)