Standpunkt

Umweltenzyklika "Laudato Si" wirkt heute prophetisch

Veröffentlicht am 11.03.2025 um 00:01 Uhr – Von Peter Otten – Lesedauer: 

Köln ‐ Kürzlich hat er wieder die Umweltenzyklika "Laudato Si" von Papst Franziskus gelesen, schreibt Peter Otten. Er fragt sich, warum das zehn Jahre alte Schreiben so wenig Aufmerksamkeit in der Kirche bekommen hat. Denn der Text sei "Sprengstoff".

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Neulich habe ich mal wieder in "Laudato Si" gelesen, dieser Enzyklika von Papst Franziskus, die sich mit dem Zustand unseres Planeten beschäftigt. Das ist jetzt bald zehn Jahre her. Die Zeit, als Donald Trump ankündigte, Präsident zu werden, und wir noch dachten, das mit dem Klima kriegen wir mit viel Geld und einem Schuss Technikgläubigkeit schon irgendwie hin verhandelt. Damals hatte ich die Enzyklika ignoriert. Ich war nicht allein.

Denn ehrlich gesagt: In der Kirche ist das Ding insgesamt eingeschlagen wie ein Wattebausch. Es gab ein paar Studientage, ein paar CO2-frei gedruckte Broschüren, und dann ging es weiter mit Predigten über Nächstenliebe und der Frage, wie um Himmels Willen man Christus berührbar machen und über den Glauben sprechen kann. "Laudato Si?" Dio mio.

Dabei ist das Ding eigentlich Sprengstoff. Franziskus schreibt da Sätze wie: "Diese Wirtschaft tötet." Oder: "Der Rhythmus des Konsums [...] hat die Grenzen des Planeten überschritten" (LS 161). Jeder weiß, dass der Papst Recht hatte. Ja und?

Vielleicht ist das das Problem: "Laudato Si" ist kein kuscheliges Schreiben über Bienchen und Blümchen, sondern ein frontal-offensiver Rundumschlag gegen den Kapitalismus, den Lebensstil der Reichen, unsere Wegwerfkultur und die ökologische Amnesie der Politik. Franziskus ist da unangenehmerweise radikaler als so mancher Hochamtschrist.

Heute, zehn Jahre später, sitzen wir wieder im Warmen, aber draußen brennt der Wald. Wir erschrecken vor Überschwemmungen und Hitzesommern, und jetzt kommt noch geopolitisches Chaos obendrauf. Und die Worte des Papstes wirken plötzlich prophetisch. "Alles ist miteinander verbunden" (LS 91), schreibt er. Was meint: Wer glaubt, man könne Umwelt zerstören und trotzdem Frieden, Gerechtigkeit und Gesundheit haben, glaubt auch, man könne sich mit Cola gesundfasten.

Man müsste diese Sätze eigentlich in jeden Beichtstuhl nageln. Oder besser noch: in den Kühlschrank, damit man sie jeden Tag sieht. Die Kirche hat da eine Botschaft, die sie selbst ehrlicherweise nicht groß interessiert. Vielleicht, weil sie ahnt, dass auch sie dann etwas ändern müsste. Aber wer weiß: Vielleicht kommt das ja noch. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Nach dem Regenwald.

Von Peter Otten

Der Autor

Peter Otten ist Pastoralreferent in der Pfarrgemeinde St. Agnes in Köln. Seit einigen Jahren bloggt er unter www.theosalon.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.