Viele Menschen hätten gemerkt, dass sie auf Gottesdienste verzichten könnten

Pfarrer: Corona hat Verweltlichungsprozess in Kirche beschleunigt

Veröffentlicht am 12.03.2025 um 10:51 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Gangelt war vor fünf Jahren in aller Munde. Die Gemeinde nahe der holländischen Grenze war der erste Corona-Hotspot in Deutschland. Pfarrer Daniel Wenzel schaut auf eine schwierige Zeit zurück – und sieht spürbare Folgen für die Kirche.

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Der katholische Pfarrer von Gangelt im NRW-Kreis Heinsberg, Daniel Wenzel, sieht die Corona-Krise als eine Art Katalysator, der Verweltlichungsprozesse in der katholischen Kirche beschleunigt hat. Während der Pandemie hätten viele Menschen gemerkt, dass sie auf den Kirchenbesuch verzichten könnten. Häuser würden seitdem seltener gesegnet, der Pfarrer seltener zu Veranstaltungen eingeladen, sagte der Geistliche am Mittwoch dem Portal "domradio.de".

Die 13.000-Einwohner-Gemeinde Gangelt nahe der niederländischen Grenze war im Frühjahr 2020 der erste bundesweite Corona-Hotspot. Nach einer Karnevalssitzung Mitte Februar hatten sich viele Bürger mit dem Virus angesteckt.

"Corona war sicherlich ein Punkt, wo viele Leute von heute auf morgen wegen der Infektionsgefahr nicht in die Kirche gehen durften. Ein paar Monate später haben sie sich dann gefragt, warum sie das überhaupt noch sollen. Als dann die Beschränkungen aufgehoben waren, haben sie gar nicht mehr damit angefangen", sagte Wenzel.

Hausbesuche wegen Infektionsgefahr nicht möglich

Er wies Kritik zurück, die Kirche habe die Menschen in der Corona-Zeit allein gelassen. "Von mir aus kann ich sagen, dass wir bemüht waren, die Leute zu erreichen. Ob das alle wahrgenommen haben, das muss man die Leute fragen." Wenn heute behauptet werde, Kirchenvertreter hätten die alten Leute wenigstens zu Hause besuchen können, werde die damalige Realität missachtet: "Hausbesuche haben wegen der Infektionsgefahr wenig Sinn gemacht."

Vertreter der Kirchengemeinde hätten versucht, durch Telefonate oder durch Videoaufzeichnungen Kontakt zu halten. "Für viele war das Neuland, da irgendetwas hinzukriegen. Insofern würde ich sagen, dass wir im Rahmen der Möglichkeiten nicht schlecht reagiert haben." Wenzel räumte ein, dass man mit dem Wissen von heute Dinge vielleicht hätte anders machen können. "Man hätte andere thematische Schwerpunkte setzen können. Aber das ist immer das berühmte: Im Nachhinein ist man schlauer." (KNA)