Es habe Fehler von beiden Seiten gegeben – Dialog sei notwendig

Experte: Nicht alle Freimaurer waren Gegner der Kirche

Veröffentlicht am 12.03.2025 um 11:59 Uhr – Lesedauer: 

Zagreb  ‐ Seit den Anfängen der Freimaurerei ist ihr Verhältnis zur Kirche gespannt – bis heute. Nach intensiven Forschungen sagt ein Experte: Beide Seiten sind verpflichtet, historische Missverständnisse auszuräumen.

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Nicht immer gab es Konflikte zwischen der Kirche und den Freimaurern, sagt ein Experte. Im 18. und 19. Jahrhundert habe es auch viele Priester, Mönche, Äbte, Bischöfe und sogar Kardinäle gegeben, die selbst Mitglied einer Freimaurerloge waren, erklärte der katholische Priester und Theologe Michael Heinrich Weninger in einem Interview mit dem kroatischen Politmagazin "Express" (Dienstag).

Das Problem sei, so Weninger, dass es in Italien mehrere unterschiedliche Freimaurer-Großlogen gebe, von denen einige zum Dialog mit der Kirche bereit seien, andere aber aktiv gegen sie arbeiteten. Leider werde das italienische Modell der Freimaurerei oft fälschlicherweise auf die ganze Welt übertragen. "Ein weiterer Fehler ist die mangelnde Differenzierung innerhalb der Freimaurergemeinschaft selbst", so der Theologe. Auch der Kirche habe es an Differenzierung gefehlt. Jahrhundertelang habe sie die Freimaurerei als Einheit betrachtet, anstatt die verschiedenen Traditionen innerhalb der Gemeinschaft anzuerkennen.

Fehler von beiden Seiten

Weninger ist ein ehemaliger österreichischer Diplomat, der nach dem Tod seiner Frau im Jahr 2011 vom inzwischen emeritierten Wiener Kardinal Christoph Schönborn zum Priester geweiht wurde. Der Theologe hat zu diesem Thema geforscht und sich in seiner 2019 von der Päpstlichen Universität Gregoriana veröffentlichten Dissertation für die Versöhnung von Kirche und regulärer Freimaurerei ausgesprochen. Bei seinen Recherchen berührten ihn besonders die Erfahrungen von Freimaurern, die praktizierende Katholiken waren: Einigen wurde vom Bischof selbst der Gottesdienstbesuch verboten, in einem anderen Fall wurde einem Sterbenden die Krankensalbung verweigert, weil er einer Freimaurerloge angehörte. "Das hat mich zutiefst erschüttert. Ich habe mich gefragt, in was für einer Kirche ich lebe", so der Theologe.

Es habe aber auch Zeiten gegeben, in denen beide Seiten Fehler gemacht hätten. "Auf der einen Seite haben einige Freimaurer Katholiken verfolgt, auf der anderen Seite hat die Kirche unschuldige Freimaurer inhaftiert und exkommuniziert", also aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen, so der Experte. Daraus ergebe sich für beide Seiten die moralische Verpflichtung, historische Missverständnisse aufzuklären und eine Versöhnung anzustreben. "Die regulären Logen hatten immer eine spirituelle Dimension, während die irregulären Logen wie der Grand Orient de France einen atheistischen und antiklerikalen Ansatz entwickelten."

Kirche hält an Unvereinbarkeit fest

Im Laufe der Zeit sei man sich jedoch innerhalb der Kirche bewusst geworden, dass es nicht nur Logen gebe, die im Widerspruch zur Kirche stünden, sondern auch andere, die deren moralische Werte teilten, so der Experte. "Heute wird diese Vielfalt zunehmend anerkannt, aber die historische Wahrnehmung der Freimaurerei als Bedrohung für die Kirche ist immer noch präsent. Gerade deshalb halten sich viele Mythen und Vorurteile hartnäckig, und der Dialog zwischen Kirche und Freimaurerei bleibt eine Herausforderung, aber er ist möglich und notwendig".

Die offizielle Linie der Kirche betont jedoch weiterhin die Unvereinbarkeit zwischen der katholischen Lehre und der Freimaurerei. Der Chef des vatikanischen Glaubensdikasteriums, Kardinal Victor Manuel Fernandez, hatte Ende 2023 ein Dokument unterzeichnet, in dem er die kirchliche Ablehnung der Freimaurerei bekräftigte, die zuletzt 1983 in einer Erklärung der früheren Glaubenskongregation, damals unter der Leitung von Kardinal Joseph Ratzinger, festgelegt worden war. (KNA)