Bischof Bätzing: Extremistische Kräfte dürfen nicht den Ton angeben
Die deutschen Bischöfe haben ihre Kritik an jeder Form von Extremismus erneuert. "Extremistische Kräfte und solche, die trotz des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine mit Putin sympathisieren, dürfen nicht den Ton angeben", heißt es im Bericht der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), der am Donnerstag im Kloster Steinfeld in Kall vorgestellt wurde. "Gerade angesichts der internationalen Situation wünsche ich mir sehr, dass Europa durch diese Wahl und die neue Regierung gestärkt wird", sagte der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing.
Man habe sich zudem vergewissert, dass die Erklärung "Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar" vom vergangenen Jahr "nichts an Aktualität verloren hat", so Bätzing weiter. Das Dokument sei nach der Bundestagswahl wichtiger denn je. Völkischer Nationalismus dürfe weder in der Gesellschaft noch in der Kirche Platz haben.
Gleichzeitig wolle man aber auch mit AfD-Wählern ins Gespräch kommen, "um deren Beweggründe zu verstehen und um für unsere Position zu werben", so Bätzing. Die Demokratie rette man nicht durch Ausgrenzung, sondern durch Debatte. Kirche und Gesellschaft müssten das neu lernen. "Der Kampf gegen die rechten und linken politischen Ränder und Populismen sei daher auch kein Kampf gegen Menschen, sondern gegen Ideologien. Alle Formen des Extremismus müssten bekämpft werden, auch der Islamismus.
In Berlin, Brüssel und in Landeshauptstädten sind Kirchenvertreter als Lobbyisten im Einsatz. Die Deutsche Bischofskonferenz ist dabei ebenso vertreten wie Wohlfahrtsverbände, Hilfswerke und kleine Verbände. Sind sie Interessensvertreter für das Gemeinwohl oder für den eigenen Vorteil? Darüber spricht Host Nicola Trenz mit der Politikjournalistin Anna Mertens.
Der DBK-Vorsitzende begrüßte, dass es nach der Bundestagswahl zu schnellen Koalitionsverhandlungen gekommen ist. "Das ist ein gutes Zeichen für unsere lebendige Demokratie", so Bätzing. Ebenso zeigte er sich erfreut über die hohe Wahlbeteiligung, außerdem zeige der Zuspruch für demokratische Parteien, dass die Demokratie ernst genommen werde. "Wir hoffen, dass nun zügig eine stabile Regierung gebildet wird, die die Probleme anpackt. Der Wahlkampf ist vorüber, jetzt muss gehandelt werden."
In Sachen Migration betonte Bätzing, dass Problemfelder dringend angegangen werden müssten. Er nannte vor allem Integrationsprozesse und eine Unterstützung von Kommunen. Weiterhin verwies er auf das Grundrecht auf Asyl und einen menschenwürdigen Umgang mit Schutzsuchenden. Man sei sich zudem einig, dass es in der Migrationspolitik europäische Lösungen brauche.
Keine grundsätzlichen Änderungen am System der Anerkennungsleistungen
Mit Blick auf die Aufklärung und Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch erklärte Bätzing, dass diese nach wie vor die höchste Priorität für die Bischöfe habe. "Denn wir sind es den Betroffenen schuldig." Weiterhin bekenne man sich zum System der Anerkennungsleistungen für erlittenes Leid, das einen niedrigschwelligen Weg eröffne, und wolle es nicht grundsätzlich ändern. Es seit als "atmendes System" zu verstehen, das auf aktuelle Rechtsprechung reagiert. Zum Jahresende 2023 habe die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) insgesamt Anerkennungsleistungen in Höhe von 56.982.000 Euro zugesprochen. Die Unzufriedenheit, die Betroffene an dem Verfahren äußern, sei den Bischöfen bekannt, und es sei bereits durch die Einführung eines Widerspruchssystems nachgebessert worden.
Wie im Vorjahr stand die VI. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung auf der Tagesordnung der Vollversammlung. Im vergangenen Jahr hatten sich die Kommissionen der DBK mit der Studie auseinandergesetzt und nun erste Erkenntnisse vorgestellt. Bätzing hob heraus, dass für viele Kirchenmitglieder sowohl die Präsenz der Kirche im Nahbereich wichtig sei als auch die Zugehörigkeit zur Kirche als weltumspannenden Gemeinschaft. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen werde ökumenische Kooperation immer wichtiger. Erneut betonte Bätzing, dass laut der Studie die große Mehrheit der Menschen hohe Reformerwartungen an die Kirche haben.
„Geht es allerdings um das Partizipationsverhalten wie Kirchgang oder ehrenamtliches Engagement, sind Menschen mit vergleichsweise hohem sozialem Status deutlich überrepräsentiert.“
Noch zu wenig im Blick seien bislang gesellschaftliche Ungleichheiten und ihre Beziehung zur Religiosität. Der Zusammenhang zwischen sozialem Status und kirchennaher Religiosität nehme immer mehr ab: "Geht es allerdings um das Partizipationsverhalten wie Kirchgang oder ehrenamtliches Engagement, sind Menschen mit vergleichsweise hohem sozialem Status deutlich überrepräsentiert." Bätzing sieht darin die Gefahr, dass im Bildungsprozess Zurückbleibende und Zurückgelassene auch im kirchlichen Leben wenig vorkommen und es vornehmlich durch höher Gebildete geprägt wird. Darauf müsse man in Katechese und Liturgie eingehen und grundsätzliche Fragen stellen: "Für wen sind wir Kirche? Wen erreichen wir? Wen schließen wir möglicherweise in Partizipationsprozessen aus?" Derartige Fragen müssen nach Ansicht der Bischöfe auch Niederschlag im Aufgabenklärungsprozess der DBK finden, mit dem der bundesweite Ressourceneinsatz der Kirche überprüft wird.
Keine Synodalität ohne Frauen
Die Frage nach der Teilhabe von Frauen ist für Bätzing ein zentrales Thema im Nachgang der Weltsynode. "Die Frauen, so wurde in der Synode wiederholt hervorgehoben, werden gehen und nicht zurückkommen, wenn sie kein Gehör, keine Anerkennung und keine Teilhabemöglichkeit in der Kirche finden." Synodalität werde aber ohne sie nicht möglich sein. Mit Blick auf die jüngst vorgestellten Zahlen zu Frauen in Führungspositionen in den deutschen Diözesen zeigte sich Bätzing zufrieden. Mittlerweile sind fast ein Drittel der Leitungsebene unterhalb der Bischöfe und Generalvikare Frauen. "Das ist über die kurze Zeit betrachtet ein sehr großer Erfolg."
Er würdigte die Entscheidung von Papst Franziskus, das Abschlussdokument der Synode unmittelbar in Kraft zu setzen und kein eigenes Nachsynodales Schreiben zu verfassen: "Dies kann auch als ein deutliches Signal verstanden werden, wie er das Zueinander von synodaler Beratung und Entscheidung auffasst." Für die deutschen Bischöfe sei deutlich, dass Synodalität immer ein "work in progress" und "Aufgabe der Kirche mit der Verpflichtung des Einzugs aller" sei.
Dem im Krankenhaus liegenden Pontifex wünschte Bätzing "Gottes guten Beistand". Man sei bei jeder Gebetszeit mit ihm verbunden gewesen. Man habe den Wunsch an Gott: "Er möge ihn aufrichten." Auf jeden Fall geschehe Gottes Wille. Mit Rom sei man im Gespräch zu einem nächsten und damit dritten Termin, um die Beschlüsse des Synodalen Weges zu besprechen. Es gebe aber auch zwischendurch Kontakte: "Das Verhältnis ist gut", so Bätzing.

Die deutschen Bischöfe trafen sich im Kloster Steinfeld in der Eifel.
Bei der Vollversammlung haben die Bischöfe darüber beraten, welche Themen im geplanten Synodalen Rat bearbeitet werden sollen und in welcher Form. Beschlüsse wurden dazu aber nicht gefasst. "Das war auch nicht die Absicht unserer Überlegungen, zumal die Synodalität ja gerade dazu verpflichtet, solche Überlegungen und Unterscheidungen nicht exklusiv im Kreis der Bischöfe anzustellen", so Bätzing weiter. Jetzt gehe es im Synodalen Ausschuss, in dem Bischöfe und Laienvertreter gemeinsam vertreten sind, um gemeines Beraten und Entscheiden gehen.
Die deutschen Bischöfe hatten sich seit Montag im Kloster Steinfeld in Kall in der Eifel (Bistum Aachen) zu ihrer Frühjahrsvollversammlung getroffen. Dabei ging es unter anderem um die Situation der Christen im Nahen Osten. Der als Gast geladene Erzbischof von Homs (Syrien), Jacques Mourad, sah angesichts der Massaker an Alawiten im Land Anzeichen für einen Genozid. Die Bischöfe äußerten ihre Sorge um die Zukunft der christlichen Minderheit in der Region.
"Größtes Marktversagen der Menschheitsgeschichte"
Weiteres Thema war die Enzyklika "Laudato si'", die von Papst Franziskus vor zehn Jahren veröffentlicht wurde. Darin hatte der Pontifex vor den dramatischen sozialen Folgen des Klimawandels gewarnt. Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer bezeichnete den Klimaschutz als "das größte Marktversagen in unserer Menschheitsgeschichte". Weltklimaabkommen drohten zur Farce zu verkommen. Die Grundanliegen der Enzyklika müssten auch in den Koalitionsvertrag von Union und SPD aufgenommen werden, hieß es.
Bereits zu Beginn des Treffens hatte der DBK-Vorsitzende gemahnt, dass die Bundesrepublik eine stabile Regierung brauche, "die sich der Probleme in unserem Land annimmt". Man wolle ein weltoffenes Land, in dem Menschenwürde und Menschenrechte geschützt würden. Diese gelte nicht nur für die Deutschen, "sondern für alle, die in unserem Land leben". Letzteres hatte er mit Kritik an der AfD sowie deren Wählern verbunden.
Zur Deutschen Bischofskonferenz gehören alle Diözesanbischöfe sowie Weihbischöfe in Deutschland, daneben auch der Bischof und Apostolische Exarch für die katholischen Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland, Bohdan Dzyurakh. Die Vollversammlung trifft sich jedes Jahr zwei Mal: im Frühjahr an wechselnden Orten, im Herbst stets in Fulda. (cph/fxn)
Abschlussbericht der Frühjahrsvollversammlung
Der vollständige Bericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung 2025 ist auf der Webseite der DBK abrufbar.