Standpunkt

Der nächste Papst muss seinen eigenen Stil finden

Veröffentlicht am 25.04.2025 um 00:01 Uhr – Von Ulrich Waschki – Lesedauer: 

Bonn ‐ Franziskus habe der Welt in einer Phase Orientierung gegeben, in der sich sonst Alpha-Männchen ohne Rücksicht durchsetzen wollen, meint Ulrich Waschki. Der künftige Papst könne Franziskus nicht kopieren – aber auch nicht das Gegenteil beabsichtigen.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Scheinbar endlos zieht sich die Schlange, die zum aufgebahrten Papst Franziskus führt. Stundenlang stehen Menschen an, um einen letzten Blick auf den Verstorbenen zu werfen. Manche kommen sicher einfach aus Neugierde, sind Touristen, die nun nur auf diese Weise in den Petersdom kommen. Viele bleiben aber stehen, verneigen sich vor dem Toten, bekreuzigen sich, beten.

Zur Beerdigung werden mächtige Staatsgäste aus aller Welt kommen – Donald Trump, Emanuel Macron, Ursula von der Leyen. Ähnlich wie bei den Touristen spielt hier sicher nicht nur die Trauer über den Tod eines außergewöhnlichen Papstes eine Rolle. Aber das Interesse zeigt, wie wichtig das Papstamt in unserer heutigen Zeit ist.

"Pilger der Hoffnung" hat Papst Franziskus das aktuelle Heilige Jahr überschrieben. Franziskus war ein solcher. Er hatte Hoffnung – für diese Welt und darüber hinaus. Und er gab Hoffnung, zeigte mit seinem Lebensstil, mit seinem Auftreten ohne jegliche Berührungsängste und fürstliche Attitüde einen Gegenentwurf zu den Alpha-Männchen dieser Welt. Er küsste, umarmte, ließ sich berühren. Er sprach nicht nur theoretisch über Liebe und Nähe zu den einfachen Menschen. Er lebte sie. Wer sonst gibt eine solche Orientierung in einer Phase der Weltgeschichte, in der starke Männer mit physischer und verbaler Gewalt, Erpressung und ohne jede Rücksicht ihre Interessen und ihr Ego durchsetzen wollen?

Ein Papst hat nur Gesten und Worte. Aber die heftigen Reaktionen auf manches missverständliche oder unterlassene Wort von Papst Franziskus zeigen, dass sie nicht unbeachtet verhallen.

Der nächste Papst muss seinen eigenen Stil finden. Er kann Franziskus nicht kopieren und gleichzeitig die Kirche sicher nicht wieder in barocke Zeiten mit Spitzengewändern und Gold zurückführen. Vielleicht zieht er wieder in die Papstwohnung im Apostolischen Palast, vielleicht lässt er sich in größeren Autos fahren. Wichtig ist aber, dass er in der aktuellen Lage von Kirche und Welt zeigt, wie man Menschen zusammenführt, wie man mahnt, ohne zu spalten und zu eskalieren. Ein neuer Papst muss ebenfalls ein Pilger der Hoffnung sein, der glaubwürdig für eine bessere Welt eintritt.

Von Ulrich Waschki

Der Autor

Ulrich Waschki ist Geschäftsführer und Chefredakteur der Verlagsgruppe Bistumspresse.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.