Wer als "Leading Contender" ins Konklave geht

Papstwahl treibt internationalen Wettmarkt an – Vier Top-Favoriten

Veröffentlicht am 30.04.2025 um 12:36 Uhr – Von Alexander Pitz (KNA) – Lesedauer: 

New York/London ‐ Zocker rund um den Globus schließen Wetten auf die Franziskus-Nachfolge ab. Dabei kristallisieren sich vier Kandidaten als Favoriten heraus. Einem werden besonders gute Chancen ausgerechnet.

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Millionen Menschen in aller Welt verfolgen seit dem Tod von Papst Franziskus gespannt die Vorbereitungen für die Wahl eines Nachfolgers; manche aus speziellen Motiven: Kirchenaffine Spielernaturen wollen mit dem bevorstehenden Konklave Geld verdienen. Eine der beliebtesten Plattformen dafür ist der aufstrebende Online-Prognosemarkt Polymarket mit Sitz in New York.

Dort werden Meinungen gehandelt wie Aktien. Das Ende des Ukraine-Kriegs, ein Handelsabkommen zwischen China und den USA, eine Scheidung zwischen Harry und Meghan oder eben der künftige Papst – alles und jeder kann in den Fokus der Zocker geraten. Mitunter ergeben sich so durch Schwarmintelligenz – gepaart mit finanziellem Anreiz – erstaunlich präzise Vorhersagen.

Angeboten werden ausschließlich binäre Wetten. Das heißt, die jeweilige Prognose tritt ein – oder nicht. Im Falle des Konklaves, bei dem voraussichtlich 133 Kardinäle ab 7. Mai in der Sixtinischen Kapelle ein neues Kirchenoberhaupt wählen, lautet die Fragestellung: "Who will be the next Pope?" Gesetzt werden kann auf oder gegen eine ganze Reihe von Kandidaten. Hinter jedem Namen stehen die Optionen "Yes" oder "No".

Vier Top-Favoriten

Seit dem Tod von Franziskus am Ostermontag haben sich vier Favoriten herausgebildet. An erster Stelle steht der aus Norditalien stammende Kardinal Pietro Parolin (70), dessen Siegchance aktuell mit 27 Prozent beziffert wird. Der erfahrene Kirchendiplomat war zuletzt mehr als elf Jahre lang die Nummer zwei im Vatikan. Als designierter Leiter des Konklaves wird er in jedem Fall eine wichtige Rolle bei der Wahl spielen.

Kardinal Pietro Parolin
Bild: ©KNA/Alessia Giuliani/CPP/ (Archivbild)

Top-Favorit Kardinal Pietro Parolin.

An zweiter Stelle im Wahrscheinlichkeits-Ranking folgt mit 19 Prozent Luis Antonio Tagle (67), Asiens bekanntester Kardinal. Der vergleichsweise junge Philippiner ist der Shootingstar unter den Kandidaten: Mit nur 44 Jahren wurde er Bischof, Franziskus berief den stets lächelnden Geistlichen 2019 an die Spitze der Vatikan-Abteilung für die Verbreitung des katholischen Glaubens.

Kurienkardinal Peter Turkson (76) aus Ghana werden ebenfalls nennenswerte Chancen (17 Prozent) zugerechnet. Der frühere vatikanische "Sozialminister" gehörte bereits beim Konklave 2013 zum Favoritenkreis. Seit einigen Tagen profitiert er verstärkt von Spekulationen, dass der katholischen Kirche ein Papst aus Afrika gut zu Gesicht stünde.

Mit etwas Abstand (12 Prozent) folgt auf dem vierten Platz ein weiterer Italiener: Kardinal Matteo Zuppi, Erzbischof von Bologna und Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz. Der 69-Jährige wurde auf internationalem Parkett vor allem durch seine Rolle als päpstlicher Sondergesandter für Frieden in der Ukraine bekannt.

Einsätze von mehreren Millionen Dollar

Die Papst-Wette ist prominent an erster Stelle der Polymarket-Startseite platziert – das Volumen beträgt inzwischen mehr als zehn Millionen US-Dollar. "Top Holder" ist ein User mit einer Position im Wert von fast 20.000 Dollar – er hat auf Parolin gesetzt.

Kardinal Luis Antonio Gokim Tagle
Bild: ©KNA/Paolo Galosi/Romano Siciliani (Archivbild)

Oder doch ein Papst aus Asien? Kardinal Luis Antonio Tagle.

Was den Meinungsmarktplatz Polymarket von herkömmlichen Anbietern unterscheidet, ist die dezentrale Steuerung mithilfe der Blockchain-Technologie. Die Nutzer entscheiden selbst über das Programm. Das anteilsbasierte System mit öffentlich einsehbarem Orderbuch funktioniert nach dem Vorbild von Finanzmärkten: Wer etwa an diesem Mittwochmorgen (30.04.) darauf gewettet hat, dass Parolin die Wahl gewinnt, musste für eine entsprechende Aktie 27 Cent zahlen. Behält man recht, steigt der Wert auf einen Dollar (100 Prozent). Geht die Wette verloren, verfällt die Aktie wertlos. Der Chart bildet den Trend seit Franziskus' Tod ab und zeigt, dass Turkson und Zuppi seither aufgeholt haben, während die Popularität von Parolin und Tagle gesunken ist.

Britischer Buchmacher sieht Parolin vorne

Wer konventionelle Buchmacher bevorzugt, wird beim britischen Unternehmen William Hill fündig, das zu den größten Wettanbietern im Vereinigten Königreich zählt. William Hill hat Parolin mit Blick auf das Konklave zum "Leading Contender" (Führender Anwärter) mit einer Quote von 9:4 ernannt. Wer also 100 Euro auf den Vatikandiplomaten setzt, bekommt im Erfolgsfall 225 Euro zurück.

"Luis Antonio Tagle folgt bei uns auf dem zweiten Rang mit einer 3:1-Quote, Matteo Zuppi und Peter Turkson werden jeweils mit 6:1 bewertet", erläutert Lee Phelps, Sprecher des börsennotierten Konzerns mit mehr als 10.000 Mitarbeitern in mehreren Ländern. Über mangelnde Nachfrage kann er nicht klagen. Die zahlreichen Spekulationen über die Franziskus-Nachfolge hätten den Markt angeheizt.

Papst-Wetten für Katholiken verboten?

Einer seiner Vorgänger dürfte sich derweil im Grabe umdrehen angesichts von so viel Zockerei: Weil Klerus und Laien in Rom schon vor Jahrhunderten hohe Summen auf Papstwahlen setzten, wollte Papst Gregor XIV. dem Treiben ein Ende setzen. Zu sehr störte ihn das Wettfieber. In seiner Bulle "Cogit nos" verbot er 1591 jegliches Wetten auf das Pontifikat. Bei Zuwiderhandlung drohte die Exkommunikation – der Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft.

Mittlerweile ist die strenge Regelung weitgehend in Vergessenheit geraten. Im Katechismus der Kirche steht heute: "Glücksspiele (wie Kartenspiele) oder Wetten verstoßen an und für sich nicht gegen die Gerechtigkeit. Sie werden jedoch dann sittlich unzulässig, wenn sie jemand um das bringen, was er zu seinem und anderer Menschen Lebensunterhalt braucht."

Von Alexander Pitz (KNA)