Standpunkt

Prevost kann für die USA werden, was Wojtyla für Polen wurde

Veröffentlicht am 09.05.2025 um 00:01 Uhr – Von Felix Neumann – Lesedauer: 

Bonn ‐ Donald Trump freut sich über die Wahl eines Landsmanns zum Papst. Aber hat der US-Präsident wirklich Grund zur Freude? Kaum ein Kirchenmann war kritischer gegenüber der Politik dieser US-Regierung als Leo XIV., kommentiert Felix Neumann.

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Papst Leo XIV. ist gewissermaßen der erste "digital native" auf dem Stuhl Petri – jedenfalls für päpstliche Verhältnisse. Während unter Benedikt XVI. und Franziskus der päpstliche Twitter-Account zwar mit persönlichen Akzenten, aber doch professionell von den vatikanischen Medienleuten betrieben wurden, ist der neue Papst der erste, der tatsächlich selbst getwittert hat. Zeit für sein seit 2011 bestehendes Konto "@drprevost" (Kurzbeschreibung: "Católico, agustino, Obispo", "Katholik, Augustiner, Bischof") hatte er seit seiner Berufung als Präfekt des Bischofsdikasteriums kaum.

Umso interessanter ist es, für was Prevost dann eben doch Zeit hatte: Ganze fünf Nachrichten hat er 2025 auf X abgesetzt, 2024 fand er zum Twittern gar keine Muße. "JD Vance is wrong: Jesus doesn't ask us to rank our love for others", lautet die erste Nachricht; ein Link auf einen Meinungsbeitrag im liberalen US-Magazin "National Catholic Reporter" zur Debatte, ob der US-Vizepräsident recht damit hat, dass Christen erst an die eigenen Leute und erst ganz zum Schluss an Fremde denken müssen. Kurz darauf wieder ein Link, dieses Mal zum Jesuiten-Magazin "America" zum selben Thema. Dann zweimal Gebets- und Genesungswünsche für Papst Franziskus, und dann die letzte X-Nachricht vor seiner Wahl zum Papst: Am 15. April geht es Prevost wieder um die US-Politik. Ein "Repost". Er teilt einen Vatikan-Journalisten, der auf einen Artikel des Washingtoner Weihbischofs Evelio Menjivar hinweist. Der vergleicht die Passion Christi mit dem Leiden der Migranten und Geflüchteten unter der gegenwärtigen US-Regierung.

"Gott liebt euch, und das Böse wird nicht siegen!", waren die ersten Worte Leos XIV. nach seiner Wahl. Er steht ein für "eine Kirche, die immer den Frieden sucht, die immer die Nächstenliebe sucht, die immer versucht, besonders denen nahe zu sein, die leiden". Ob US-Präsident Donald Trump schon blüht, was die Wahl Prevosts für ihn bedeutet? Auf seinem Haus-Netzwerk "truth.social" zeigte sich Trump ungewohnt konventionell: In einer Nachricht gratulierte er seinem Landsmann zur Wahl zum Papst, betonte die große Ehre für die Nation. Keine erratische Großschreibung, keine atemlosen Behauptungen, keine Beleidigungen wie sonst – als hoffe er darauf, nach dem Brandbrief von Franziskus gegen seine Politik beim Neuen durchatmen zu können.

Dabei hat dieser Papst Leo XIV. das Potential, für Trumps Regime das an die Wand zu malen, was die Wahl von Johannes Paul II. für Polens kommunistisches Regime bedeutete. Der Papst hat keine Divisionen. Er hat etwas viel Mächtigeres: Hoffnung auf Anstand, Freiheit und Gerechtigkeit gegen Ressentiments, Unterdrückung und Verfolgung. Mit der Wahl dieses US-Amerikaners zum Papst haben die Kardinäle dafür ein starkes Zeichen gesetzt.

Von Felix Neumann

Der Autor

Felix Neumann ist Redakteur bei katholisch.de und stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten (GKP).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.