Predigen trotz Widerständen: Der kfd-Predigerinnentag wächst weiter

Zwischen dem 29. April und dem 17. Mai predigen in Deutschland über 190 Frauen im Rahmen des Predigerinnentages der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd). Die Daten sind nicht willkürlich gewählt. Die Aktion beginnt mit dem Fest der Heiligen Katharina von Siena und endet mit dem Fest der Apostelin Junia. Ulrike Göken-Huismann, Geistliche Leiterin im Bundesverband der kfd erzählt, was die Aktion bewirken soll und was es für Frauen bedeutet, trotz des kirchenrechtlichen Verbots zu predigen.
Frage: Frau Göken-Huismann, die kfd veranstaltet den Predigerinnentag nun schon zum sechsten Mal. Was ist mittlerweile anders als beim ersten Mal?
Göken-Huismann: Wir entwickeln den Predigerinnentag von Jahr zu Jahr weiter. Das erste Mal fand er unter Corona-Bedingungen und einem anderen Konzept statt. Damals predigten zwölf Frauen an zwölf Orten. Das sollte auf die Anzahl der Apostel anspielen. Mittlerweile gehen wir viel klarer in die Breite. Wir als kfd laden Frauen aus anderen katholischen Verbänden wie Maria 2.0 oder der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung ein, sich zu beteiligen. Von Norderney bis ins tiefe Bayern, vom Westen bis in den Osten predigen in diesem Jahr rund 190 Frauen.
Frage: Sind Sie mit der Teilnehmerinnenzahl zufrieden?
Göken-Huismann: Ja, es ist schließlich nach wie vor nicht selbstverständlich, dass Frauen predigen. Es gibt immer noch Gemeindeleitungen oder Pfarrer, die Predigerinnen Steine in den Weg legen. Einige Frauen haben sich bei uns gemeldet und davon berichtet, dass sie keine Erlaubnis bekommen haben, in ihrer Pfarrgemeinde am Predigerinnentag teilzunehmen.
Frage: Womit werden die Absagen begründet?
Göken-Huismann: In der Eucharistiefeier darf laut Kirchenrecht nur der geweihte Mann predigen, also Diakon, Priester oder Bischof. Frauen und andere Laien können zwar an anderen Stellen des Gottesdienstes das Wort Gottes auslegen, aber die klassische Homilie nach dem Evangelium bleibt ihnen kirchenrechtlich verwehrt.

Seit 2020 lädt die kfd Frauen ein am Predigerinnentag mitzumachen.
Frage: Welches Zeichen wollen Sie mit dem Predigerinnentag setzen?
Göken-Huismann: Wir predigen in der Hoffnung, dass die offizielle Erlaubnis zu predigen bald kommt. Wir sehen ja, dass sich die Kirche langsam verändert, und wir hoffen mit unserer Aktion den Veränderungsprozess zu beschleunigen. 2023 hat der Synodale Weg den Handlungstext "Verkündigung des Evangeliums durch Lai*innen in Wort und Sakrament" beschlossen. Darin werden die Bischöfe aufgefordert, eine Partikularnorm zu erarbeiten, die Laien das Predigen vollkommen erlaubt. So eine Partikularnorm, die nur auf dem Gebiet der Bischofskonferenz gelten würde, benötigt aber eine Genehmigung durch den Heiligen Stuhl. Wir wollen nach dem Predigerinnentag noch einmal auf die Bischöfe zugehen und fragen, wie es nach zwei Jahren um die Umsetzung des Handlungstextes steht.
Frage: Welche Rückmeldungen erhalten Sie von Gemeindemitgliedern, wenn Frauen predigen?
Göken-Huismann: Wir bekommen ganz viele positive Rückmeldungen. Vielen gefällt, dass sie mal eine andere Perspektive in der Kirche hören. Auch für die Predigerinnen selbst ist dieser Tag oft eine große Motivation, sich weiter zu engagieren. Aber zur Realität gehört auch, dass es vereinzelt Beschwerden gibt. Über eine Kollegin wurde sich vor ein paar Jahren sogar in Rom beschwert. Daraufhin musste der Dekan, der die Eucharistiefeier geleitet hatte, zum Gespräch zum Bischof. Konsequenzen gab es für die Frau aber keine. Sie predigt seitdem jedes Jahr im Rahmen unserer Aktion.
Frage: Predigen Sie und Ihre Mitstreiterinnen auch außerhalb des Predigerinnentages?
Göken-Huismann: In einigen Bistümern ist es viel gängiger als in anderen, dass Frauen predigen. Durch den Predigerinnentag wird es aber selbstverständlicher, dass Frauen diese Aufgabe in der Messe übernehmen. In einigen Fällen werden sie dann auch außerhalb unserer Aktion von ihren Gemeinden angefragt, das Evangelium auszulegen.
Frage: Was braucht es, um das Evangelium auslegen zu können?
Göken-Huismann: Es braucht eine intensive Beschäftigung mit dem Wort Gottes. Ich nehme Bibeltexte gerne mit in meinen Alltag. Es dauert, bis eine Predigt heranreift und ich die Worte finde, die ich der Gemeinde mitgeben möchte. Wir als kfd bieten aber auch Qualifizierungskurse für Frauen an, die predigen wollen. Speziell zum Predigerinnentag haben wir ein Seminar zu exegetischen Fragestellungen angeboten, das sich mit den Texten beschäftigt, die am 17./18. Mai, dem fünften Ostersonntag, verlesen werden.
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Frage: Was bedeutet es für Sie persönlich, eine Predigt zu halten?
Göken-Huismann: Es ist für mich immer noch etwas ganz Besonderes, vor der Gemeinde Gottes Wort auszulegen und von meinen Glaubens- und Lebenserfahrungen zu erzählen. Ich sehe mich dabei ein Stück weit in der Nachfolge der Apostelin Junia, zu deren Ehren wir uns den 17. Mai als Predigerinnentag ausgewählt haben.
Frage: Sie predigen dieses Jahr im Wallfahrtsort Kevelaer. Warum gerade dort?
Göken-Huismann: Ich habe an diesem besonderen Ort noch nie eine Frau predigen gehört. Da dachte ich, zu meinem sechsten Predigerinnentag wäre es schön, dort eine Predigt zu halten. Ich kenne den verantwortlichen Pfarrer in Kevelaer noch aus meiner Studienzeit. Als ich ihn neulich in Kevelaer getroffen habe, haben wir uns auf einen Kaffee verabredet, um in Ruhe über mein Vorhaben zu sprechen. Am Ende des Gesprächs hat er gesagt: "Okay, du kannst bei uns in der Basilika predigen". Ich freue mich wirklich riesig, dass ich diese Chance bekomme.
Frage: Ist Ihnen ein feministischer Bezug in Ihrer Predigt wichtig?
Göken-Huismann: Mir ist es wichtig, die biblische Botschaft aus verschiedenen Perspektiven anzuschauen. In der Lesung am 18. Mai wird in der Apostelgeschichte von Männern erzählt, die auf einer Missionsreise unterwegs sind. Ich bin mir sicher, dass die Apostelin Junia genauso unterwegs war. Schließlich war sie mit Paulus im Gefängnis. Für mich ist die biblische Botschaft erst rund, wenn wir auch die Erfahrungen der Frauen dazulegen. Das versuche ich in meinen Predigten. Aber es hängt natürlich auch davon ab, was die Sonntagstexte hergeben.
Frage: Haben Sie Hoffnung, dass sich unter dem neuen Papst Leo XIV. etwas für Frauen in der Kirche ändern wird?
Göken-Huismann: Papst Franziskus hat mit dem Abschlussdokument der Weltsynode bereits Türen geöffnet. Ich wünsche mir, dass sein Nachfolger durch die geöffneten Türen geht. Wenn ich diese Hoffnung nicht hätte, dann würde ich mich nicht so für die Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche engagieren.