Es wäre ein Fehler, Leo XIV. mit Erwartungen zu überhäufen
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Vergleicht man seinen Start mit dem von Papst Franziskus, beginnt das Pontifikat von Leo XIV. auf den ersten Blick bislang unspektakulär. Keine Aussagen nach Art von "Wer bin ich, um zu urteilen?", keine großen Gesten, keine disruptiven Handlungen. Franziskus schürte mit seiner Herangehensweise, vermutlich gar nicht absichtlich, zumindest bei einem Teil der Gläubigen große Hoffnungen auf Veränderungen, die er niemals vollständig erfüllen konnte. Vielleicht hat Leo XIV., vom Naturell her ohnehin anders als sein Vorgänger, daraus seine Schlüsse gezogen.
Das hindert die Öffentlichkeit nicht daran, den neuen Pontifex mit Erwartungen zu überhäufen. Hierzulande haben manche – überspitzt gesagt – Leo XIV. bereits zum Verbündeten des Synodalen Wegs erklärt, andere sehen bei ihm Anzeichen dafür, die unter Franziskus eingeführten Restriktionen gegen die vorkonziliare Form der Messe zurückzunehmen.
Manche finden, er habe sich bislang noch nicht so richtig in die Karten schauen lassen. Dabei wird knapp sechs Wochen nach der Wahl Leos XIV. immer deutlicher, wohin die Reise in diesem Pontifikat geht. Ja, er wird vieles aufgreifen und weiterführen, was Franziskus grundgelegt hat – dabei aber stärker darauf achten, dass möglichst viele in der Kirche mitgenommen werden. Manche innerkirchlichen Spaltungen, die spätestens seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil sichtbar geworden sind, haben sich – nicht erst, aber auch unter Franziskus – immer weiter vertieft. Eine geeinte Kirche in einer verwundeten Welt: Dieses Bild vertritt Leo XIV. Dieser Gedanke dürfte auch leitend sein bei anstehenden (Reform-)Entscheidungen. Wie viel Vielfalt diese Einheit verträgt? Womöglich will der Papst sich um eine Art Ausgleich bemühen. Auf die genannten Beispiele umgemünzt könnte dies bedeuten: Mehr Synodalität? Ja, aber ohne ein allzu demokratisches Verständnis von ihr. Alte Messe? Vielleicht eine Lockerung, aber ohne Verklärung (liturgisch) vermeintlich besserer Zeiten.
Papst Leo XIV. hat eine Vision für die Kirche, die er bereits aufgezeigt hat. Und klar ist ohnehin, dass ein Papst gar nicht tun kann, was er qua Amt eigentlich tun muss: es allen in der Kirche ganz recht zu machen.
Der Autor
Matthias Altmann ist Redakteur bei katholisch.de.
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