Silbernes Pektorale hat besondere Geschichte

Ökumenisches Zeichen? Leo XIV. und sein russisches Kreuz

Veröffentlicht am 22.06.2025 um 12:15 Uhr – Von Nikolaj Thon (KNA) – Lesedauer: 

Rom/Bonn ‐ Papst Leo XIV. trägt als Bischof von Rom nicht nur ein einziges Brustkreuz, sondern wechselt diese mitunter. Eines davon könnte als stille ökumenisch-diplomatische Botschaft gedeutet werden – denn es hat Verbindungen in die Orthodoxie.

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Anders als sein Vorgänger trägt Papst Leo XIV. zu verschiedenen Anlässen auch unterschiedliche Pektoralkreuze, so jenes silberne, das ihm der "Circolo di San Pietro", eine 1869 in Rom gegründete katholische Wohltätigkeitsvereinigung, zur Papstwahl am 8. Mai geschenkt hat und in dem Reliquien von vier Bischöfen eingelassen sind, darunter auch von Papst Leo dem Großen (um 400-461) und dem Kirchenlehrer Augustinus (354-430), mit denen der neue Papst in besonderer Weise verbunden ist.

Aufmerksamen Beobachtern ist nicht entgangen, dass der neue Papst gelegentlich auch ein Brustkreuz trug, das in der russisch-orthodoxen Kirche beheimatet ist. Zu sehen ist es unter anderem auf der Homepage der Vatikan-Website (vatican.va). Es handelt sich um das so genannte "Paulinische Kreuz" ("Pavlovskij krest"), das 1797 vom Heiligsten Synod unter Zar Pavel – daher der Name – erstmals geschaffen wurde. Es war als Synodal-Auszeichnung für den orthodoxen Klerus gedacht als Zeichen der Anerkennung ihrer Verdienste.

Es hat die Form eines lateinischen Kreuzes mit langem Längs- und einem kurzen Querbalken – im Gegensatz zu dem später eingeführten und derzeit für jeden russischen orthodoxen Priester der Kirche üblichen achtendigen Brustkreuz mit drei Querbalken. Bis heute ist das Paulinische Kreuz die vierte Stufe einer Auszeichnung für Priester in der russischen Kirche.

Ein Kreuz als Auszeichnung

Seit 1741 wurde das Tragen solcher Brustkreuze zuerst den Archimandriten zugewiesen, die Mitglieder der Synode waren, und seit 1742 allen Archimandriten. Die Praxis solcher Auszeichnungen von Geistlichen, zu denen auch dieses Brustkreuz gehörte, wurde in der Regierungszeit Zar Pavels ausgeweitet und gesetzlich verankert.

Pavel I. war zwar kein sehr glücklicher Herrscher, aber doch sehr um den orthodoxen Klerus bemüht und wollte dessen soziale und materielle Lage verbessern: Er erhöhte so die Gehälter der Priester, führte in Ermangelung fester Mittel Gemeindebeiträge in Form von Geld oder Getreide ein und eben auch Verdienstorden, um das Engagement in der Seelsorge zu fördern. Von 1799 bis 1801 war er übrigens, obwohl orthodox, auch Großmeister des römisch-katholischen Malteser-Ordens.

Bild: ©KNA/Vatican Media/Romano Siciliani

Papst Leo XIV. trug das besondere Pektorale beim Empfang von Medienvertretern.

Das Kreuz maß damals in der Regel 11 x 7,5 Zentimeter an einer 126 Zentimeter langen Kette, die aus Silber mit Vergoldung mit einem Gesamtgewicht von 165 Gramm gefertigt war. Auf der Vorderseite befindet sich ein appliziertes Reliefbild des Gekreuzigten, ursprünglich als applizierter Corpus, später – so auch auf dem Kreuz, das Papst Leo trägt, als Flachrelief. Darüber das Kryptogramm "I H C I" ("Iisus Nazarjanin, Car Iudeev - Jesus von Nazareth, König der Juden").

Auf der Rückseite befinden sich oben das Monogramm von Kaiser Pavel, darunter die Inschriften: "Dem Presbyter, der ein Vorbild den Gläubigen durch treues Wort und Leben gegeben hat" (vgl. 1 Tim 4,12) und "Gestiftet in der frommen Herrschaft des großen Herrschers Kaiser Pavel I. 1797", als unterste Zeile: "18. Dezember".

Herkunft unbekannt

Ein goldenes Brustkreuz von fast identischer Form wurde durch Zar Nikolaj I. 1843 zur Verleihung an Priester ausländischer christlicher Konfessionen eingeführt. Das moderne Priesterverleihungskreuz der russisch-orthodoxen Kirche basiert auf der Form des "Paulinischen" Kreuzes, ist oft aber etwas kleiner und nicht mehr aus Edelmetall.

Bislang ist nicht bekannt, woher das russische Kreuz von Papst Leo XIV. stammt, seit wann es in seinem Besitz ist und was er damit verbindet. Der italienische Online-Informationsdienst "Fideliter" kommentierte es so:

"In einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen dem Moskauer Patriarchat und der katholischen Kirche wechselnde Phasen durchlaufen, wird das silberne Kreuz, das Papst Leo auf seinem Herzen trägt, still, aber beredt, zu einem Symbol des Dialogs und der Hoffnung. Eine Brücke zwischen West und Ost, zwischen Rom und Moskau, zwischen Vergangenheit und Zukunft. Ein Zeichen dafür, dass die Universalität der Kirche auch durch Gesten des Respekts, der Anerkennung und der gemeinsamen Erinnerung aufgebaut wird; dass der Weg zur Gemeinschaft auch durch die verborgensten Details führt, vorausgesetzt, sie werden mit Weisheit und Liebe für die Einheit des Leibes Christi gewählt."

Von Nikolaj Thon (KNA)