Kompromiss im Liturgiestreit gefunden
Beim Streit um die Liturgie in der syro-malabarischen Kirche scheint ein Durchbruch erreicht. Bei einem Treffen von 300 Priestern des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly mit Großerzbischof Raphael Thattil und seinem Vikar Joseph Pamplany konnte in der vergangenen Woche eine Einigung erzielt werden, wie asiatische Medien berichten. "Wir haben unsere Differenzen zur Liturgie beigelegt", sagte der Sekretär des Priesterrats von Ernakulam-Angamaly, Kuriakose Mundadan, gegenüber "Ucanews". Thattil und Pamplany würden die Ergebnisse bald offiziell mitteilen, so der Priester. Der Kompromiss soll wie zuvor mitgeteilt am 3. Juli wirksam werden, dem Fest des Apostels Thomas.
"Das ist ein positiver Schritt in Richtung Frieden in der Kirche. Wir hoffen und beten, dass die Verantwortlichen nicht von der Vereinbarung zurücktreten", sagte der Priester Joyce Kaithakottil gegenüber "AsiaNews". "In der ersten Phase wird die Umsetzung vielleicht nicht zu 100 Prozent gelingen", räumte der Geistliche ein. "Der Geist ist aber der der Versöhnung. Wir wollen das segensreiche Erbe der dem Volk zugewandten Messe nicht für immer beenden."
Zugeständnisse bei Liturgie und Disziplinarmaßnahmen
Laut "AsiaNews" besteht der Kompromiss darin, dass in allen Kirchen an Sonn- und Feiertagen mindestens eine Messe in der von der Synode festgelegten einheitlichen Form gefeiert werden muss. Die von den Gegnern bevorzugte Form, in der der Priester sich die ganze Feier über dem Volk zuwendet, bleibt zulässig. Die Messe in der einheitlichen Form kann zu einem beliebigen Zeitpunkt zwischen 5.30 und 10 Uhr oder 15.30 und 18 Uhr gefeiert werden. Die Regelung gilt auch für die sieben Pfarreien, die der Synodenregelung bereits folgen. Neu geweihte Priester mussten bisher vor ihrer Weihe schriftlich zusichern, nur die einheitliche Form zu feiern. Diese Verpflichtung wird nun aufgehoben. Bereits im vergangenen Jahr sah ein gescheiterter Kompromiss vor, an Sonn- und Feiertagen eine Messe in der einheitlichen Form zu feiern.
Neben den liturgischen Zugeständnisse umfasst der Kompromiss laut "AsiaNews" außerdem eine personelle Neuordnung der großerzbischöflichen Kurie. Alle Disziplinarmaßnahmen gegen Priester aufgrund des Liturgiestreits sollen zurückgenommen werden. Außerdem sollen alle Anzeigen und Gerichtsverfahren gegen Protestierende vor staatlichen Behörden zurückgenommen werden. Ob das im Zuge des Liturgiestreits eingerichtete kirchliche Disziplinargericht aufgelöst wird, ist noch nicht bekannt.
Nicht einmal Papst Franziskus konnte schlichten
In der syro-malabarischen Kirche schwelt seit Jahren ein Streit um die Gottesdienstordnung. Die einheitliche Form sieht die Zelebrationsrichtung gen Osten vor, also mit dem Rücken zum Volk, während der Priester sich bei Lesungen und Gebeten dem Volk zuwendet. Gegner der einheitlichen Form wollen die durchgängige Feier in Richtung des Volkes beibehalten, die sich unter westkirchlichem Einfluss der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils entwickelt hat. Die neue Form der Liturgie wurde von der Synode, dem höchsten beschlussfassenden Gremium der Kirche, 2021 beschlossen. Während der Großteil der katholischen Ostkirche eine Reform der Messfeier übernommen hat, protestieren im zentralen Großerzbistum Ernakulam-Angamaly im indischen Bundesstaat Kerala Kleriker und Laien. Alle Vermittlungsversuche – auch durch Papst Franziskus (2013–2025) persönlich – sind bislang gescheitert.
Die syro-malabarische Kirche im Südwesten Indiens ist die größte der heutigen Kirchen und Gemeinschaften der Thomaschristen, die im 1. Jahrhundert durch den Apostel Thomas auf seinen Missionsreisen gegründet worden sein soll. Durch Verbindungen zur Assyrischen Kirche des Ostens feiert sie ihre Liturgie im ostsyrischen Ritus. Im Laufe ihrer Geschichte gab es immer wieder teils kolonialistische Einflüsse, die zu einer Übernahme westkirchlicher liturgischer Elemente führten. (fxn)