"Auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt"

Gescheiterte Richterinnenwahl: Hubertus Heil bietet Kirche Dialog an

Veröffentlicht am 15.07.2025 um 09:25 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ In der Debatte um die Wahl der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf zur Bundesverfassungsrichterin hat Hubertus Heil der Kirche ein Gespräch angeboten. Auch Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse äußerte sich in der Angelegenheit.

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Nach der vorerst gescheiterten Wahl der Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf zur Richterin am Bundesverfassungsgericht hat der Kirchenbeauftragte der SPD-Fraktion im Bundestag, Hubertus Heil, den Kirchen ein Gespräch angeboten. Er wolle diesen Dialog ausdrücklich anbieten, "auf Augenhöhe, mit gegenseitigem Respekt und im Bewusstsein der jeweiligen Verantwortung", sagte Heil dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aus der katholischen Kirche war vor der geplanten Wahl deutliche Kritik an Brosius- Gersdorf laut geworden, die sich in der Vergangenheit für eine Reform des Abtreibungsrechts ausgesprochen hatte.

Heil sagte, er verteidige grundsätzlich das Recht der Kirchen, sich zu politischen Fragen zu äußern. Mit Blick auf Äußerungen aus den Reihen der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) wolle er aber auch betonen, dass die Juraprofessorin in ihren Arbeiten eine Position vertrete, "die das Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz des ungeborenen Lebens und den Grundrechten der schwangeren Frau klar benennt und verfassungsdogmatisch reflektiert". "Dies mag von einigen auf der kirchlichen Seite als kritisch empfunden werden, ist aber im Rahmen einer pluralistischen und säkularen Rechtsordnung legitim und notwendig", sagte Heil.

Thierse verteidigt Kirche

Unterdessen verteidigte Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse in der Debatte die Kirche gegen Kritik. "Dass Vertreter der katholischen Kirche ihre grundsätzlichen Überzeugungen zum Thema Menschenwürde des ungeborenen Lebens zum Ausdruck bringen, sollte man ihr nicht übelnehmen", sagte Thierse dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag). "Wenn man Stellungnahmen der Kirchen zu bestimmten Themen ausdrücklich wünscht, dann sollte man sie nicht beschimpfen, wenn einem Stellungnahmen zu anderen Themen nicht gefallen."

Die Wahl von Brosius-Gersdorf zur Bundesverfassungsrichterin, die von der SPD für das Amt vorgeschlagen worden war, war am Freitag zunächst gescheitert. Vorbehalte existieren vor allem bei CDU und CSU sowie auch bei der katholischen Kirche wegen der liberalen Haltung der 54 Jahre alten Juristin zur Abtreibungsregelung. So nannte der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl diese Haltung einen "innenpolitischen Skandal". SPD-Fraktionschef Matthias Miersch zeigte sich daraufhin empört, "wie sich prominente Bischöfe und Kardinäle in diese Sache eingeschaltet haben".

Thierse gehörte lange Jahre dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), dem obersten Gremium des Laienkatholizismus in Deutschland, an. Seine Kritik richtete er nun in erster Linie an die SPD, seine eigene Partei. Er riet ihr, "die Schärfe der Auseinandersetzung herunter zu dimmen und kritische Äußerungen nicht nur als Kampagne zu empfinden – selbst wenn es Hetze gegeben hat". Die Union mahnte er hingegen, Meinungspluralität auch im Bundesverfassungsgericht zuzulassen. "Insgesamt wäre es gut, wenn man sich jetzt gründlich mit den anstehenden Fragen beschäftigen und die Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf selbst zu Wort kommen lassen würde", betonte Thierse. (tmg/epd/KNA)