Standpunkt

Vorsicht vor katholischem Influencer-Fundamentalismus!

Veröffentlicht am 29.07.2025 um 00:01 Uhr – Von Pater Max Cappabianca – Lesedauer: 

Bonn ‐ In Deutschland spielen sie noch keine große Rolle – in anderen Ländern aber haben katholische Influencer enorme Reichweiten. Neben Chancen sind damit auch Risiken verbunden, so Pater Max Cappabianca. Kirche dürfe den offenen Dialog nicht aufgeben.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

In diesen Tagen findet in Rom das "Jubiläum der digitalen Missionare und katholischen Influencer" statt. Das hat international Aufmerksamkeit erregt. Titel wie "Heiße Priester verbreiten den Glauben in der digitalen Zeit" suggerieren, dass der Vatikan systematisch vorgehe und gutaussehende Geistliche einsetze, um neue Anhänger zu gewinnen.

In Deutschland ist das Phänomen des "katholischen Influencers" (noch) nicht so verbreitet wie andernorts: Man staunt, wenn man etwa nach Lateinamerika oder in die USA schaut und sieht, wie einzelne katholische Persönlichkeiten Millionen Follower auf Instagram, TikTok oder auf anderen Plattformen haben. Ein Beispiel ist der umstrittene Bischof Robert Barron mit über einer halben Million Followern allein auf Instagram.

Die Präsenz katholischer Influencer in den sozialen Medien birgt durchaus Chancen, und es ist sinnvoll, sich auf diesem digitalen Marktplatz zu tümmeln. Allerdings sollte nicht die Gefahr außer Acht gelassen werden, sich zu stark den Logiken dieser Plattformen anzugleichen – einer Logik, die oft von Polarisierung, Schnelligkeit und Klickzahlen geprägt ist.

Katholische Influencer bewegen sich zudem in einer "Blase", die sie konkurrieren lassen mit evangelikalen und fundamentalistischen Akteuren. Diese setzen auf provokante Inhalte, die starke emotionale Reaktionen hervorrufen, um Aufmerksamkeit zu generieren. Wenn die katholische Kirche sich zu sehr an diesen Strategien orientiert, besteht die Gefahr, dass sie die Tiefe und das Verständnis ihres Glaubens verliert.

Algorithmen sorgen dafür, dass nur scheinbar ein breites Publikum erreicht wird. In Wahrheit werden Parallelwelten erschaffen, die einen in den eigenen Positionen bestärken und zugleich abschirmen von einer kritischen Infragestellung der eigenen Sichtweise. Unabsichtlich übernimmt sie die Mechanismen, die bereits die evangelikale Szene prägen: Polarisierung, Echokammern und die Reduktion des Glaubens auf plakative Aussagen.

Wenn katholische Influencer nur noch in ihrer "Blase" agieren, verliert die Kirche den offenen Dialog, der notwendig ist, um gemeinsam kritisch zu reflektieren und sich gesellschaftlichen Herausforderungen zu stellen. Das ist "katholischer" Fundamentalismus in Reinform: eine populistische Inszenierung des Glaubens, die wenig zu tun hat mit der Weite der authentisch-katholischen Tradition.

Von Pater Max Cappabianca

Der Autor

Max Cappabianca ist Mitglied des Dominikanerordens und unter anderem als Moderator von Kirchensendungen in Sat.1 tätig.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.