Spirituelle Botschaften würden zu einem Werkzeug der Selbstoptimierung gemacht

Religion als Marketinginstrument: Expertin warnt vor TikTok-Trend

Veröffentlicht am 11.08.2025 um 14:02 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Von Gott zum Sixpack? Die Sozialethikerin Linda Kreuzer erklärt, wie Influencer Religion auf TikTok mit Selbstoptimierung verknüpfen und warum das problematisch ist. Anstelle christlicher Werte stehe häufig die Jagd nach Klickzahlen im Vordergrund.

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Die Wiener Sozialethikerin Linda Kreuzer kritisiert eine zunehmende Vermischung von Spiritualität, Selbstoptimierung und Schönheitsidealen in sozialen Medien. In einem Interview mit gmx.net sagte sie am Montag: "Influencer benutzen Religion, indem sie ihren angeblichen positiven Einfluss betonen." Diese Verkürzung beraube Religion ihrer eigentlichen sozialen und ethischen Dimension. Viele Content-Creator nutzten religiöse Inhalte nicht aus echter Überzeugung, sondern als Mittel zur Selbstdarstellung, so Kreuzer. "In den seltensten Fällen posten Influencer diesen Content aus Liebe zu Gott. Da steckt immer ein persönlicher Gewinn dahinter." Religion werde auf TikTok und Instagram oft als Lifestyle-Element eingesetzt, um Follower zu binden, Produkte zu verkaufen oder die eigene Marke zu stärken.

Besonders kritisch bewertet Kreuzer den Trend, spirituelle Botschaften mit Fitness- und Beauty-Routinen zu verknüpfen. Manche Influencer suggerierten, dass Gebet, Disziplin und gesunde Ernährung automatisch zu einem "Glow Up" führten. Damit ist eine sichtbare Verbesserung des Aussehens gemeint. Religion werde so zu einem weiteren Werkzeug der Selbstoptimierung gemacht. Anstelle christlicher Werte wie Nächstenliebe oder gesellschaftlichem Engagement stehe häufig Abgrenzung und Gruppenidentität im Vordergrund, ebenso die Jagd nach Klickzahlen.

Religion als Identitätsmarker gewinne vor allem in Ländern an Bedeutung, die einen Hang zum Rechtspopulismus hätten, erklärte die Expertin. Dort seien auch Influencer aktiv, die rassistische, sexistische oder islamophobe Inhalte verbreiteten. "Da geht es unter anderem darum, 'christliche Werte' gegenüber einer erfundenen Bedrohung von außen zu schützen." Die Gefahr sei groß, dass insbesondere junge Menschen diese Inhalte nicht einordnen könnten. Gleichzeitig beobachtet Kreuzer auch Gegenbewegungen. "Es gibt zum Beispiel viel mehr LGBTQIA+-Personen, die sich zu ihrer Glaubensüberzeugung äußern." (KNA)