Ordensfrauen wollen zurück in ihr Kloster – Warum das nicht mehr geht
Die drei Ordensfrauen aus Salzburg, die alle über 80 Jahre alt sind, wollen wieder zurück in ihr früheres Kloster Goldenstein, zu dem auch eine Schule gehört. Seit fast zwei Jahren leben sie aber in einem kirchlichen Seniorenheim bei Hallein. Zu Unrecht, wie sie meinen. Die Augustiner Chorfrauen klagten vor Gericht und trugen ihren Schmerz in die Öffentlichkeit. Schwester M. Beate Brandt ist Augustiner Chorfrau in Essen und Präsidentin der Föderation des Ordens, zu dem auch die drei Goldensteiner Schwestern gehören. Im Interview mit katholisch.de ordnet sie den Konflikt ein und erklärt, wie es überhaupt dazu kam.
Frage: Schwester Beate, kennen Sie die Schwestern, die in Salzburg nun für die Rückkehr in ihr früheres Kloster kämpfen?
Schwester Beate: Ich kenne die drei Schwestern gut und bin früher öfters zu ihnen ins Kloster Goldenstein in Elsbethen gefahren. Schwester M. Bernadette Bangler ist 88 Jahre alt, Schwester Regina M. Rechberger ist 86 und Schwester M. Rita Hörtenhuber ist 81 Jahre alt. Ich habe sie auch schon mehrmals in dem Seniorenheim besucht, in dem sie seit fast zwei Jahren leben. Ich mag die drei Schwestern gerne. Nur durch ihr derzeitiges Auftreten in der Öffentlichkeit komme ich an meine Grenzen.
Frage: Können Sie den Konflikt um deren Kloster kurz erklären?
Schwester Beate: Das Kloster Goldenstein der Augustiner Chorfrauen besteht seit 1877 in Elsbethen. Die Schwestern haben dort viele Jahrzehnte lang an ihrer ordenseigenen Schule gewirkt. Die drei letzten Chorfrauen haben an der Schule unterrichtet und im Hort gearbeitet. Schon länger wurde von Seiten der Erzdiözese Salzburg und vom Orden her überlegt, wie die kleine Klostergemeinschaft unterstützt werden könnte. Bei meinem letzten Ferienbesuch dort vor zwei Jahren habe ich bemerkt, dass die Schwestern in vielerlei Hinsicht damit überfordert waren, ihren Alltag allein zu bewältigen. Dazu kamen gesundheitliche Probleme, weswegen sie in einem Krankenhaus behandelt werden mussten. Aus ärztlicher Sicht wurden Empfehlungen ausgesprochen, die Schwestern nicht mehr autonom im Kloster Goldenstein wohnen zu lassen. Und der für sie zuständige Ordensobere hat dann nach intensiven Gesprächen vor zwei Jahren entschieden, sie dem Caritas-Pflegeheim Kahlsperg bei Hallein anzuvertrauen, in dem sie bis heute leben. Es ist eine kirchliche Einrichtung, die von Franziskanerinnen betrieben wird. Doch mit dieser Entscheidung sind die drei Schwestern bis heute nicht einverstanden. Sie wehren sich und wollen in ihr altes Kloster zurückkehren. Sie meinen, dass sie sich dort weiterhin selbst versorgen können. Meiner Einschätzung nach ist das aber längst nicht mehr möglich.
Frage: Die drei Ordensfrauen haben den Ordensoberen deshalb sogar vor Gericht verklagt?
Schwester Beate: Traurig daran ist, dass er der Obere ihrer Gemeinschaft ist, ohne den sie kirchenrechtlich gar nicht mehr bestehen könnten. Weil sie zuletzt nur noch zu dritt übrig waren, brauchten sie einen externen Oberen, um als Kloster nicht aufgelöst zu werden. Diese Aufgabe hatte davor ein anderer Bevollmächtigter des Bistums übernommen. Vor einigen Jahren hatten sich die Schwestern dann an den Propst Markus Grasl vom Augustiner-Chorherrenstift Reichersberg gewandt und ihn darum gebeten, für sie da zu sein, sich um sie zu kümmern und sie zu betreuen. Seit Oktober 2022 ist Prälat Markus Grasl als Apostolischer Kommissar für das Kloster zuständig. Es ist eine gute Verbindung zwischen den beiden Klöstern daraus entstanden.
Die Augustiner Chorfrauen von Goldenstein waren zu gemeinsamen Gebetszeiten und Gottesdiensten im Augustiner-Chorherrenstift Reichersberg öfters zu Gast.
Frage: Wie ging es dann weiter?
Schwester Beate: Die Schwestern sind öfters nach Reichersberg nach Oberösterreich gefahren, um mit den Mitbrüdern dort Gottesdienste mitzufeiern und mitbeten zu können. Sogar ihr Nekrolog, also die Liste der verstorbenen Ordensschwestern, wurde in den Nekrolog der Mitbrüder aufgenommen. Die Schwestern waren dort willkommen und Teil der Gemeinschaft. Irgendwann war für sie ein eigenständiges Leben in ihrem Kloster nicht mehr möglich und sie wurden situationsbedingt nacheinander in das Pflegeheim gebracht. Das haben die Schwestern dem Propst so übelgenommen, dass sie ihn vor Gericht gebracht haben. Mit Hilfe von ehemaligen Schülerinnen haben sie sich einen Anwalt gesucht. Doch sie haben die Klage verloren, weil ihr Oberer beweisen konnte, dass sein Handeln rechtmäßig war. Und jetzt versuchen die Schwestern über verschiedene Medien ihr Leid öffentlich zu machen. Sie behaupten, dass sie aus ihrem Kloster "deportiert wurden" und ihnen Geld entwendet wurde. Mir tut der Propst leid, weil er sich immer sehr um meine Mitschwestern bemüht hat und nun mit solchen Verleumdungen umgehen muss. Das ist schon sehr verletzend.
Frage: Unter anderem behaupten die Schwestern, dass ihr Konto gesperrt wurde und ihr Erspartes weggenommen wurde …
Schwester Beate: Es ist so, dass Ordenspersonen bei ihrem Eintritt ins Kloster unter anderem das Gelübde der Armut ablegen und alles, was sie an Geld und Gütern besitzen, der Gemeinschaft gehört. Eine Ordensfrau hat keinen eigenen Besitz. Über die konkrete Finanzlage der drei Schwestern vom Kloster Goldenstein weiß ich nichts. Ich denke mir aber, dass die Kosten ihres Aufenthalts im Pflegeheim gedeckt werden können. Der Ordensobere trägt die Verantwortung für diese drei Schwestern, sie haben das selbst so gewollt und waren früher dankbar dafür. Sie konnten viele Jahre lang in ihrem Kloster leben, doch irgendwann ist der Zeitpunkt da, wo man einsehen muss, dass es nicht mehr geht. Ich weiß, die Entscheidung, sie einem Heim anzuvertrauen ist ihrem zuständigen Oberen nicht leichtgefallen.
Frage: Die Schwestern haben noch die Schlüssel zu ihren Klosterzellen, aber die Türschlösser wurden angeblich ausgetauscht. Ist das ein gutes Verfahren?
Schwester Beate: Es lag auf der Hand, dass der Propst schon etwas härter durchgreifen musste. Wenn er die Schwestern "sanft" angefragt hätte, ob sie in ein Seniorenheim wollen, dann hätten sie "Nein" gesagt. Sie waren einfach beratungsresistent. Sie kamen schon länger nicht mehr ausreichend zurecht, mit der Sauberkeit und dem Aufräumen. Wir haben das lange beobachtet, aber irgendwann war es dann nicht mehr möglich, so dass eingeschritten werden musste. Wir Augustiner Chorfrauen versprechen beim Eintritt ins Kloster die "stabilitas loci", also unser ganzes Leben lang an diesem Ort zu bleiben. Das haben die drei Goldensteiner Schwestern auch getan. Aber wenn die gesundheitliche Verfassung es nicht mehr zulässt, dann müssen zum Wohle der Schwestern Konsequenzen gezogen werden. Das war hier notwendig - auch wenn es hart war. Ich habe den drei Schwestern mein Missfallen über ihr Verhalten deutlich in einem Brief mitgeteilt. Ich kann das nicht dulden.
Schwester M. Beate Brandt aus Essen besuchte Schwester M. Rita Hörtenhuberzu ihrem 80. Geburtstag. Die Jubilarin bekam von den Augustiner-Chorherren vom oberösterreichischen Stift Reichersberg ein Fahrzeug geschenkt.
Frage: Wurde denn ausreichend versucht, den Konflikt mit den Schwestern friedlich und im Gespräch zu lösen?
Schwester Beate: Ja, es gab bereits vor vielen Jahren viele Gespräche und Treffen mit der Erzdiözese Salzburg, bei denen ich anfangs auch dabei war. Ich bin als Präsidentin der Ordensföderation allerdings nicht weisungsbefugt, das heißt, ich kann den Schwestern nur etwas raten, ihnen aber nichts vorschreiben. Es wurde mehrfach versucht, den Schwestern auf eine gute Weise entgegenzukommen. Auch die Erzdiözese Salzburg hatte sich um gute Lösungen sehr bemüht. Es gab Verhandlungen, sogar Umbaupläne des Klosters. Man wollte frühzeitig das Kloster altersgerecht herrichten. Es gab zwar schon einen Treppenlift im Kloster, aber da vieles nicht mehr dem Standard entsprach, hätte einiges erneuert werden müssen. Leider wurde letztendlich alles von den Schwestern abgelehnt. Sie haben ihre eigene prekäre Situation nicht wahrhaben wollen. Aus meiner Sicht hatten sich alle Beteiligten sehr um die Schwestern bemüht. Sie liegen uns am Herzen. Aber es wäre fahrlässig gewesen, sie weiterhin sich selbst zu überlassen. Propst Markus Grasl, ihr Ordensoberer, wollte ihnen helfen. Ich denke, er hat ihnen ein Stück weit sogar das Leben gerettet.
Frage: Macht es Ihnen Angst, dass so ein Konflikt auch Ihrer Gemeinschaft in Essen eines Tages drohen könnte?
Schwester Beate: Auch unsere Gemeinschaft wird kleiner, das Kloster ist groß. Das Leben in diesem unserem Klostergebäude ist nicht "in Stein gemeißelt", auch für uns wird es Überlegungen geben, wie wir die Zukunft gestalten werden. Diesen schmerzhaften Prozess kennen viele Ordensgemeinschaften. Aber ich gehe deshalb nicht gegen meine Oberin vor Gericht und ziehe das in die Öffentlichkeit. Ich selbst bin mit 25 Jahren Augustiner Chorfrau geworden, unterrichte an unserer Ordensschule in Essen und bin sehr froh, so leben zu können. Mein Lebensinhalt ist nicht das Gebäude aus Stein, sondern es sind die inneren Werte, nach denen ich versuche, als Augustiner Chorfrau zu leben.
Frage: Was wünschen Sie den Schwestern in Hallein?
Schwester Beate: Ich hoffe, dass sie endlich dort ankommen können, wo sie heute sind. In dem Heim haben sie eine gute Pflege, sie haben jemanden, der sich Tag und Nacht um sie kümmert. Die drei Schwestern können zusammen sein und ihr geistliches Leben fortführen, jeden Tag eine heilige Messe mit anderen Ordensfrauen mitfeiern. Die Messe wird sogar aufs Zimmer übertragen, das ist gut, weil eine der Schwestern nicht zu lange auf sein kann. Ich würde sagen, die drei hatten Glück. Es ist gut für sie ausgegangen. Sie machen es sich selbst schwer. Ich habe mit einer der Schwestern vor einigen Wochen wieder telefoniert. Sie sagte mir, dass sie Heimweh habe nach dem Kloster. Sie vermisst ihren Garten, die Schülerinnen und Schüler. Das kann ich sehr gut verstehen. Sie wünscht sich ihr altes Leben zurück. Doch sie kann nun gemeinsam mit den anderen ihren Lebensabend genießen. Es war den drei Goldensteiner Schwestern wichtig, dass ihr Lebenswerk, die Schule, für das sie sich mit ganzem Herzen eingesetzt haben, erhalten bleibt und weitergeht. Und das ist so. Ihre Gemeinschaft wurde nicht aufgelöst, sie besteht weiterhin. Der Schulbetrieb geht weiter, weil die Erzdiözese die katholische Mittelschule übernommen hat. Fast 300 Schülerinnen und Schüler werden dort unterrichtet. Die drei Schwestern haben dort lange segensreich gewirkt, dafür bin ich ihnen dankbar.
