Leo XIV.: Als Papst musste ich ins kalte Wasser springen
Leo XIV. fühlt sich nach gut vier Monaten immer sicherer im Papstamt. "Ich lerne viel und fühle mich sehr gefordert, aber nicht überfordert", sagte er in einem am Sonntag in Teilen vorab veröffentlichten Interview des US-Portals Crux. Robert Francis Prevost, erster US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri, wurde Anfang Mai zum Nachfolger von Papst Franziskus gewählt. "Da musste ich sehr rasch ins kalte Wasser springen", sagt er.
Noch liege eine enorme Lernkurve vor ihm, so Leo XIV., der an diesem Sonntag 70 Jahre alt wurde. Einen großen Teil davon konnte er nach eigenen Worten ohne große Schwierigkeiten bewältigen, nämlich den pastoralen Teil. "Das völlig Neue an diesem Job ist, dass ich nun die Rolle eines Weltführers innehabe", erklärte Leo XIV. Das Papstamt sei "sehr öffentlich; die Leute kennen die Telefongespräche und Treffen, die ich mit den Staatsoberhäuptern verschiedener Regierungen und Länder weltweit geführt habe". Die Stimme der Kirche spiele eine bedeutende Rolle.
„Das völlig Neue an diesem Job ist, dass ich nun die Rolle eines Weltführers innehabe.“
Zurückhaltend äußerte sich Leo XIV. zugleich über eine mögliche Vermittlerrolle des Vatikans im Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Man müsse unterscheiden zwischen den Rollen des Vatikans als Fürsprecher für Frieden und als Vermittler. Letztere sei "nicht so realistisch wie die erstere".
Zugleich zeigte sich der Papst optimistisch über das "Potenzial der Menschheit, Gewalt und Hass zu überwinden, die uns immer mehr auseinandertreiben". Man müsse vertieft darüber nachdenken, was in den vergangenen Jahren zur wachsenden Polarisierung in der Welt beigetragen habe. Womöglich gehöre der Verlust eines "tieferen Sinns dessen, was das menschliche Leben ist", mit zu den Ursachen.
Skeptisch äußerte sich Leo XIV. zum derzeitigen Einfluss der Vereinten Nationen: "In der Theorie müssten sie der Ort sein, wo diese Themen behandelt werden. Aber leider scheint es einen Konsens zu geben, dass die UN – zumindest zurzeit – ihre Fähigkeit verloren haben, die Betroffenen bei multilateralen Fragen an einen Tisch zu bringen." Daher sagten viele: "Man muss das im bilateralen Dialog klären und dann die Dinge zusammensetzen."
Kirche nicht in eine demokratische Regierung verwandeln
Mit Blick auf die Verfassung der katholischen Kirche sprach sich Leo XIV. dagegen aus, dass diese künftig durch demokratisch gewählte Gremien geführt wird. Er habe nach seinen Erfahrungen in Lateinamerika und nach den jüngsten Synoden die Hoffnung, "dass wir Wege finden, gemeinsam Kirche zu sein". Das bedeute "nicht den Versuch, die Kirche in eine Art demokratische Regierung zu verwandeln", so der Papst; denn: "Wenn wir uns in der heutigen Welt umschauen, ist Demokratie nicht notwendigerweise die beste Lösung für alles." Doch eine Kirche, die im gemeinsamen Hören vorangehe, könne ein gutes Gegenmodell zur fortschreitenden Polarisierung in der Welt sein.
Leo XIV. äußerte sich im Interview der Vatikan-Korrespondentin von Crux, Elise Ann Allen. Daraus entstand die Biografie "León XIV: ciudadano del mundo, misionero del siglo XXI" (Leo XIV.: Weltbürger, Missionar des 21. Jahrhunderts), das am Donnerstag (18. September) auf Spanisch bei Penguin Peru erscheinen und danach in Spanien, Mexiko und Kolumbien erhältlich sein soll. Für Anfang 2026 sind eine englische und eine portugiesische Ausgabe des Buches geplant. (KNA)
