Ein Ehepaar feiert Goldene Hochzeit und verrät, wie ihre Liebe ewig hält

"Vom ersten Tag an habe ich sie nicht mehr losgelassen"

Veröffentlicht am 05.10.2025 um 12:00 Uhr – Von Jasmin Lobert – Lesedauer: 
Brigitte und Josef Baumgarten aus dem Bistum Fulda sind seit 50 Jahren verheiratet.
Bild: © privat

Ebersburg ‐ Vor 50 Jahren gaben sich Brigitte und Josef Baumgarten das Ja-Wort. Sie haben Höhen und Tiefen erlebt, Kinder großgezogen, Verluste ertragen – und dabei nie ihren Humor verloren. Heute blicken sie auf ihre gemeinsame Zeit zurück und verraten, wie ihre Liebe ewig hält.

  • Teilen:

Ob es bei ihrer ersten Begegnung schon gefunkt hat? "Bei mir nicht", erinnert sich Brigitte Baumgarten lachend. Bei ihrem späterer Ehemann Josef war das anders: "Sie war neugierig und hat viel gefragt – da dachte ich mir, die schaue ich mir genauer an." Brigitte, damals noch Pfahls, besuchte die Landwirtschaftsschule, während der zehn Jahre ältere Josef bereits in vierter Generation den Hof seiner Eltern in Ebersburg bei Fulda bewirtschaftete.

Am Aschermittwoch, wenn die Schüler "ohnehin nicht so aufnahmefähig waren", stand traditionell ein Ausflug auf dem Programm, sagt die 71-Jährige. Für Brigitte bedeutete das einen Besuch auf Josefs Hof: Besonders die Bullenmast interessierte sie – schließlich kannte sie sich durch den elterlichen Milchviehbetrieb schon mit Tieren aus. Das ist auch dem Hofherrn aufgefallen. Das Mädchen ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Doch es blieb zunächst bei der einmaligen Begegnung. Denn Brigitte machte bald ihren Abschluss und entschied sich für eine Landfrauenschule in Boppard bei Koblenz. "Da war erstmal Funkstille", sagt der 81-Jährige.

Humor spielte von Anfang an eine wichtige Rolle

Ganz vergessen konnte er sie jedoch nicht. Etwa eineinhalb Jahre später schrieb er ihr – ihre Adresse hatte er über den "Flurfunk" der Landjugend aufgeschnappt. Brigitte antwortete mit einer Karte aus dem Kloster Maria Laach und scherzte: "Wie du siehst, bin ich ins Kloster gegangen." Lachend sagt sie: "Dabei leben in dem Kloster doch nur Männer." Den Witz hat Josef damals nicht auf Anhieb verstanden: "Im ersten Moment war ich schon geschockt." Heute lacht er mit seiner Frau darüber.

Ein Jahr nach der ersten Karte sahen sie sich wieder – beim Erntedankfest in Brigittes Heimat im hessischen Spessart. Sie tanzten den ganzen Abend miteinander. "Sie hat mir gefallen und wir haben uns gut verstanden", erinnert sich Josef. Umso glücklicher war er, als er erfuhr, dass Brigitte eine Stelle als Wirtschafterin in einem Internat in Fulda annahm – nur 16 Kilometer von Ebersburg entfernt. Dort bereitete sie den Koch- und Hauswirtschaftsunterricht vor und kümmerte sich um die Betreuung der Schülerinnen.

Der Ritzelshof der Familie Baumgarten wird heute von einem Sohn des Ehepaars geführt.
Bild: ©privat

Der Ritzelshof der Familie Baumgarten wird heute von einem Sohn des Ehepaars geführt.

Für diese Stelle standen damals zwei Frauen zur Auswahl, erzählt die Rentnerin. "Die andere war schon verlobt, deshalb haben sie sich für mich entschieden", in der Hoffnung, dass sie dort länger arbeiten würde als ihre Konkurrentin. "Sie war genau ein Jahr in der Schule und dann habe ich sie weggeheiratet", sagt Josef und lacht.

Der Antrag kam auf einer Treppe, nach einem Tanzabend. Brigitte zögerte: "Mir ging das zu schnell – vielleicht hat mir auch die Treppe nicht gefallen", erzählt sie und lacht. Nach einer halben Woche Bedenkzeit nahm sie an: "Da war die Treppe plötzlich gar nicht mehr so düster." Am 20. Oktober 1974 gingen die beiden erstmals offiziell miteinander aus, ein Jahr später, am 25. Oktober 1975, heirateten sie kirchlich. "Vom ersten Tag an habe ich sie nicht mehr losgelassen", sagt er und schenkt seiner Frau einen liebevollen Blick. 

"Wir haben damals Ja gesagt – und es hat bis heute gehalten"

Die standesamtliche Trauung war schlicht, es regnete, Blumen wollte Brigitte keine. "Alles war ein bisschen unprofessionell", sagt sie rückblickend – für beide kein Problem, denn die kirchliche Trauung war der entscheidende Moment. In Josefs Heimatkirche St. Kilian gaben sie sich vor rund 50 Gästen das Ja-Wort. "Dieser Segen von oben war uns besonders wichtig", sagt er. "Wir haben damals Ja gesagt – und es hat bis heute gehalten."

Die ersten Monate auf dem Hof waren für Brigitte eine Herausforderung. "Ich war so auf meinen Mann fokussiert, dass ich den Rest kaum bedacht habe: Hof, Tiere, Schwiegereltern. Wir waren als verliebtes Paar gar nicht allein." Heute sagt sie: "Ich wollte meinen Mann verwöhnen und alles richtig machen. Da habe ich die Schwiegereltern vielleicht ein bisschen vernachlässigt."

Ein Hochzeitsfoto des Ehepaars Baumgarten (l.); ein aktuelles Foto auf ihrem Hof (r.)
Bild: ©privat

Ein Hochzeitsfoto des Ehepaars Baumgarten (l.); ein aktuelles Foto auf ihrem Hof (r.)

Neben Alltagsstreitigkeiten mussten die Baumgartens auch schwere Schicksalsschläge überwinden. Im Alter von 26 Jahren starb einer ihrer Söhne bei einem Arbeitsunfall. "Das hat die Welt aus den Bahnen geworfen", sagt Brigitte. Halt fanden sie in ihrem Glauben, im Familienzusammenhalt und durch die Enkel. Natürlich habe sich Josef gefragt, warum es gerade seine Familie getroffen hat. "Ja wieso eigentlich nicht?", habe seine jüngere krebskranke Schwester einmal gesagt. "Wir waren eben an der Reihe", sagt Josef heute. "Es bringt nichts, darüber nachzugrübeln. Das Leben musste weitergehen." Noch heute besucht das Paar jeden Sonntag sein Grab.

Auch Josef selbst erkrankte später an Krebs. "Warum sollte ich schon abberufen werden? Ich habe fest daran geglaubt, dass ich das überstehen kann." Mit Erfolg – er besiegte die Krankheit und lebt bis heute medikamentenfrei.

Als das Jubiläum näher rückte, fing das Paar an, sein Leben zu reflektieren

Heute blicken die beiden auf fünf Jahrzehnte Ehe zurück. "Wir haben uns oft gefragt, ob wir die Goldene Hochzeit zusammen erleben werden", sagt Brigitte. Schließlich sei Josef zehn Jahre älter als sie. "Erst sind es noch fünf Jahre, dann drei – und plötzlich hat man es geschafft." Dass sie diesen Meilenstein erreicht haben, ist ihnen erst am "Tag der Ehejubiläen" vom Bistum Fulda so richtig klargeworden. Im Gottesdienst hatten sie die Möglichkeit, ihr Eheversprechen zu erneuern. "Der Weihbischof, einige Priester und Diakone haben sich die Zeit genommen, jedes Paar einzeln zu segnen", sagt Josef. "Das hat bestimmt eine Dreiviertelstunde gedauert, aber uns hat es sehr berührt." Brigitte ergänzt: "Das war so eine schöne Feier und wir mussten nichts vorbereiten, nur uns selbst." 

Wenn so ein Jubiläum näher rückt, "fängt man an, über das Leben nachzudenken", sagt sie. Urlaube, die Geburten und Kommunionen der Kinder, all die kleinen und großen Feste – all das habe ihre gemeinsame Zeit geprägt. Die ersten 25 Jahre seien "irgendwie langsamer vergangen", weil mit den Kindern so viel los gewesen sei: Schulabschlüsse, Ausbildungen, Meisterprüfungen. "Wir sind so stolz auf unsere Kinder – sie haben alle etwas erreicht."

„Rituale verändern sich mit der Zeit – irgendwann sortiert man eben zusammen Tabletten oder hilft sich beim Anziehen.“

—  Zitat: Brigitte Baumgarten

Zwei Kinder blieben in der Landwirtschaft, ein Sohn übernahm sogar den Hof. Tochter Eva-Maria wurde Gemeindereferentin – eine Berufung, bei der die Eltern wohl nicht ganz unbeteiligt waren. Beide waren kirchlich engagiert, im Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat. Josef setzte sich 1993 sogar dafür ein, dass auch Mädchen Messdiener werden durften: "Ich habe dem Pfarrer gesagt: In zwei Jahren stehen Sie ohne Messdiener da. Und tatsächlich war meine Tochter eine der ersten Mädchen am Altar."

Was ihr Geheimnis ist, dass die Liebe seit 50 Jahren hält? "Humor", sagen beide wie aus einem Mund. Josef ergänzt schmunzelnd: "Und gutes Essen – Liebe geht durch den Magen, und meine Frau ist eine tolle Köchin." Gemeinsame Mahlzeiten sind bis heute ein festes Ritual – selbst wenn es einmal Streit gibt. "Beim Essen sitzt man trotzdem an einem Tisch. Wenn es dann noch schmeckt, ist der Ärger schnell vergessen", sagt Josef.

Solche Rituale seien wichtig, meint Brigitte. "Sie verändern sich mit der Zeit – irgendwann sortiert man eben zusammen Tabletten oder hilft sich beim Anziehen." Sie ist überzeugt: "Es wird nicht immer leicht sein, aber wenn man den anderen liebt, kann man alles schaffen. Genau das hat uns durch 50 Jahre getragen."

Von Jasmin Lobert