Schweizergardist: "Die Vereidigung – das ist wie Heiraten"

Stehkragen und Handschuhe sind blütenweiß, die Gürtelschnalle mit den verschlungenen Buchstaben der Schweizergarde glänzt, kein Stäubchen verunziert die Gala-Uniform der ältesten Armee der Welt. Stolz steht Jan, 21, aus Engelberg im Kanton Obwalden, im Hof der Vatikan-Kaserne. Das Outfit im Renaissance-Stil mit Puffärmel-Wams, Pluderhosen und Gamaschen in Rot, Gelb und Blau trägt er voll Würde und Selbstverständlichkeit. Er ist einer von 27 jungen Männern, die Papst Leo XIV. an diesem Samstag (4. Oktober) feierlich Treue schwören, notfalls bis in den Tod.
"Dem Papst zu dienen, ist eine sehr große Ehre und Verantwortung", sagt Jan, dessen Nachnamen die Garde nicht veröffentlichen möchte. "Wir sind sehr stolz darauf, dass wir als Schweizer seit 500 Jahren den Papst beschützen dürfen, wir und niemand anders." 135 Mann zählt die Armee, der sich Jan für mindestens 26 Monate verpflichtet hat.
Disziplin und Genauigkeit
Dass die Welt des Militärs sein Ding ist, ahnte er schon nach der Matura an der Klosterschule in Engelberg. "Im Militärdienst habe ich bemerkt, dass mir diese Disziplin und Genauigkeit gefällt", sagt Jan. "Das fängt am Morgen an, wenn wir unser Tenue anziehen, alles muss blitzblank sein. Es ist für mich wichtig geworden, so in den Tag zu starten, dass ich das Bett mache, dass alles seine Richtigkeit und Sauberkeit hat."
Schweizergardisten in den Vatikanischen Gärten.
Selbst die körperlich harte Ausbildung in der Rekrutenschule habe ihn vorangebracht. "Ich würde mich eher als feinen Menschen bezeichnen, der eher nicht der harte Typ ist, aber seit dem Militärdienst kann ich auch mal laut werden, wenn es sein muss."
Auf die Schweizergarde kam er durch einen Freund. Italienisch konnte er schon, katholisch ist er ohnehin, daher trug er mit 20 alle notwendigen Bewerbungsdokumente zusammen: ein Empfehlungsschreiben von seinem Gemeindepfarrer, ein Führungszeugnis vom Staat; Gesundheits- und Fitnesstests wurden schon in der Rekrutenschule gemacht.
Auf das Erstgespräch samt psychologischer Tests folgte ein Treffen mit Kommandant Christoph Graf und Garde-Kaplan Pater Kolumban Reichlin. "Dann wurde entschieden, ob man zur Garde passt oder nicht."
Totenwache für Papst Franziskus
Bei Jan passte alles. Pünktlich zum Heiligen Jahr kam er nach Rom und erlebte auch noch die letzten Wochen von Papst Franziskus. "Er hat den Gardisten immer die Hand gegeben, das war sehr schön." Doch dann wurde der Papst schwerkrank und starb am 21. April. "Ich durfte für ihn die Totenwache halten. Es war einer der bewegendsten Momente für mich, als ich neben seinem Sarg im Petersdom stand."
Täglich macht er sechs bis zwölf Stunden Dienst, je nach Terminplan des Papstes. "Im Heiligen Jahr ist es wesentlich mehr, schon wegen der Sonderaudienzen am Samstag." Hinzu kämen die Empfänge für Staatsgäste, die alle Leo XIV. kennenlernen wollen.
Leo schätzt die Arbeit der Gardisten
Der neue Papst sei viel zurückhaltender als Franziskus. "Man hält mit ihm keinen Smalltalk, aber er bedankt sich immer und schätzt unsere Arbeit sehr, das merken wir."
Das sei das Wertvollste, denn weder wegen der 1.500 Euro Monatsgehalt bei freier Kost und Logis in der Kaserne noch für die 30 Urlaubstage werde jemand Gardist, sagt Jan, der sich für Geschichte, Kultur und Kunst interessiert. "Unser Privatleben stecken wir zurück für unseren Dienst."
Das gelte selbst in der Freizeit. "Wenn ich hier ein Bier trinke, vertrete ich die Schweizergarde, das heißt, wenn ich irgendetwas mache, was nicht okay ist, dann ist es nicht der Jan, sondern der Gardist, der dann in den Medien auftaucht."
Viel trinken gegen die Hitze
Doch damit hat er sich arrangiert. Und auch mit der Hitze im römischen Sommer kommt er klar, trotz der mehrlagigen Uniform. "Man muss vorher sehr viel trinken, das ist wichtig. Und man gewöhnt sich ein bisschen an die Hitze. Und auch daran, dass man spätestens nach einer halben Stunde nass geschwitzt ist."
„Im Militärdienst habe ich bemerkt, dass mir diese Disziplin und Genauigkeit gefällt.“
Doch nun kommt der Herbst und damit endlich seine Vereidigung, auf die er sich schon lange freut. "Das ist ein Ereignis wie Heiraten, man macht das ein einziges Mal und schwört vor allen Leuten", sagt Jan. "Heute in der Sprache der jungen Leute schwört man schnell mal etwas, aber für uns hat das wirklich eine große Bedeutung."
Diesmal werden rund 4.000 Gäste dabei sein, wenn Pater Kolumban im Damasushof des Apostolischen Palastes die Eidesformel verliest: "Ich schwöre, treu, redlich und ehrenhaft zu dienen dem regierenden Papst, Leo XIV., und seinen rechtmäßigen Nachfolgern, und mich mit ganzer Kraft für sie einzusetzen, bereit, wenn es erheischt sein sollte, für ihren Schutz selbst mein Leben hinzugeben." Besiegelt wird dies mit dem Schwur aus dem Munde der 27 Gardisten: Vor der Fahne geloben sie, all das "gewissenhaft und treu zu halten, so wahr mir Gott und unsere Heiligen Patrone helfen!".