Fehlende jüdische Dimension

Dogmatiker Tück: Maria-Dokument setzt wichtige ökumenische Akzente

Veröffentlicht am 04.11.2025 um 17:05 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Das Glaubensdikasterium unterstreicht den Vorrang Christi vor Maria. Der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück begrüßt die Klärungen. Ein Aspekt sei aber unterbelichtet: Er wünschte sich eine stärkere Einbettung Mariens in die jüdische Welt.

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Nach Einschätzung des Wiener Dogmatikers Jan-Heiner Tück setzt die Note der vatikanischen Glaubensbehörde über die Bedeutung Marias wichtige ökumenische Akzente. Wie Tück in seinem Beitrag auf "communio.de" schreibt, nimmt das Dokument zentrale Klärungen vor - insbesondere gegenüber protestantischen Vorbehalten. Immer wieder sei der Verdacht erhoben worden, die "katholische Kirche würde Maria eine Stellung zuschreiben, die das Bekenntnis zur einzigen Mittlerschaft Jesu Christi antastet".

Die am Dienstag veröffentlichte Lehrmäßige Note "Mater populi fidelis" schärfe zu Recht "den Primat der Christologie vor der Mariologie ein". Tück erklärt weiter: "Maria ist, was sie ist, von Christus her und auf ihn." Auch in der Frage der marianischen Mittlerschaft liefere das Dokument eine hilfreiche Differenzierung. Tück resümiert: "'Teilnehmende Mittlerschaft' und 'mütterliche Fürsprache' Mariens ja, aber eine Konkurrenz oder gar Ergänzung zur einzigen Mittlerschaft Jesu Christi, nein! Das ist gerade im Blick auf das ökumenische Gespräch mit den aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen ein wichtiges Signal."

Stärkere Verortung in der jüdischen Welt wäre wünschenswert

Laut Tück wäre wünschenswert gewesen, wenn im Dokument stärker auf die Verortung Mariens und Jesu in der jüdischen Welt hingewiesen worden wäre. Zwar geschehe dies ansatzweise mit dem Titel "Maria von Nazareth", doch gerade angesichts des jüngsten 60-Jahr-Jubiliäums von "Nostra aetate" und der Kehrtwende im Verhältnis der Kirche zum Judentum wäre eine klarere Stellungnahme für ihn gut gewesen.

Zudem hätte das Dokument laut Tück noch deutlicher herausarbeiten können, "dass das Bekenntnis zur jungfräulichen Mutterschaft Mariens eine doppelte Provokation enthält. Erstens den skandalösen Realismus, dass Gott in der Geschichte durch die jungfräuliche Geburt einen heilsgeschichtlichen Neuanfang gesetzt hat. Zweitens die mit der Mutterschaft verbundene Provokation der Inkarnation des göttlichen Wortes." Und: Jesus sei ganz Mensch geworden, was ein wichtiges Statement "gegen technognostische Strömungen" sei.

Diese würden die "leibliche Konstitution des Menschen abwerten, wenn sie eine Unsterblichkeit als digitales oder sonstwie technisch erzeugtes Double verheißen". Jesu Geburt durch Maria erinnere unterdessen daran, dass die Erlösungshoffnung die leibliche Dimension einschließt.

Die Lehrmäßige Note wurde am Dienstagvormittag veröffentlicht. Darin rief Glaubenspräfekt Kardinal Víctor Manuel Fernández dazu auf, Titel wie "Miterlöserin" oder "Gnadenmittlerin" in Marienverehrung und Theologie zu vermeiden. (KNA)