Was für Europa auf dem Spiel steht
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Das Grab des heiligen Willibrord findet sich in Echternach, der heilige Suitbert wird in Düsseldorf-Kaiserswerth verehrt, Eoban in Utrecht, Adala in Erfurt. Und der heilige Bonifatius ruht im Fuldaer Dom - dieser Apostel der Deutschen, mit dem jedes zweite westdeutsche Bistum entstehungsgeschichtlich zu tun hat. Sie alle haben eins gemeinsam. Sie alle kamen von der Insel auf den Kontinent. Aus England.
Am Donnerstag entscheiden die Briten über den Brexit, den Austritt des Vereinigten Königsreichs aus der EU. Wie auch immer - das Votum wird, so oder so, knapp ausfallen. Und es hat Konsequenzen für das windschief brüchige, gemeinsame Haus Europa.
Die Debatte und die Aufmerksamkeit der Medien steigern sich zusehends auf diesen Termin hin. Bemerkenswert ist dabei vor allem eines: Die Frage einer Zugehörigkeit der Briten zur EU wird vor allem unter wirtschaftlichen Aspekten gesehen. Welche Erschütterungen ein Brexit an den Börse auslösen würde, wie viel Großbritannien sparen oder auch verlieren könnte, welche neuen Handelsbarrieren entstünden, welche Regulierungen London fürderhin erspart blieben, ob mit dem Brexit die EU als gemeinsamer Markt letztlich dahin wäre.
Alles nicht falsch - aber Bonifatius, Willibrord, Suitbert und ihre weiteren Kameraden stehen für etwas anderes. Für 1.300 Jahre Kulturgeschichte - die man ja noch Jahrhunderte zurück in die Römerzeit verlängern könnte. Ja, Großbritannien ist eine Insel neben dem Kontinent. Aber die religiösen und kulturellen Beziehungen sind älter als jede heutige politische Verfasstheit in Europa. Auch solche Traditionen würden mit einem Brexit verdrängt. Fast merkwürdig, dass von kirchlicher Seite niemand daran erinnert.
Es ist heute trendy, Europa und seine Institutionen zu bashen. Da spricht man wenig von dem, was Europa in unterschiedlichen Zeiten verbunden oder auch bis zum Krieg hin verkracht hat. Großbritannien und die deutsche Seite - zwischen ihnen tobten in den vergangenen hundert Jahren zwei Kriege. Deshalb träumten die "frühen" Europäer, Robert Schuman, Konrad Adenauer und andere ein gemeinsames Europa. Wer weiß, welche Gräben ein Brexit aufreißen würde. Die ökonomische Dominanz in der Debatte jedenfalls irritiert.