Keine Alternative zum Prinzip des Miteinanders

Auch nach Vatikan-Instruktion: Bischof Fürst hält an Leitungsmodell fest

Veröffentlicht am 23.07.2020 um 16:59 Uhr – Lesedauer: 

Rottenburg ‐ Seit 50 Jahren gibt es im Bistum Rottenburg-Stuttgart ein Modell der gemeinsamen Leitung von Laien und Klerikern. Bischof Gebhard Fürst macht nun deutlich: Dabei bleibt es – auch nach Veröffentlichung der umstrittenen Vatikan-Instruktion zu Pfarreireformen.

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Der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst will auch nach der Vatikan-Instruktion zu Gemeindereformen am sogenannten "Rottenburger Modell" festhalten. Den Weg der Mitwirkung und Mitverantwortung von Laien bei der Führung von Diözese, Dekanaten und Kirchengemeinden wolle man weiter beschreiten, hieß es in einer Mitteilung der Diözese von Donnerstag. "Das Rottenburger Modell steht nicht zur Disposition. Die darin festgeschriebene starke Beteiligung der Laien in all unseren Gremien bis zum Diözesanrat, der bei uns auch das Haushaltsrecht hat, ist ein großer Vorteil für die Ortskirche – und sie ist eine klare Konsequenz aus dem Zweiten Vatikanischen Konzil", so Fürst. Das Schreiben aus Rom habe ihn deshalb ebenso überrascht wie andere seiner Amtskollegen in Deutschland, sagte der Bischof.

In der heutigen Zeit gebe es keine Alternative zum Prinzip des Miteinanders, so Fürst weiter. "Das hat sich bei uns in der Diözese Rottenburg-Stuttgart in 50 Jahren sehr gut bewährt." Die gemeinsame Leitung der Kirchengemeinden durch Laien und Kleriker sieht der Bischof vollauf im Einklang mit dem Kirchenrecht. Der im Frühjahr 2020 gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) eingeschlagene Synodale Weg sei die richtige Antwort auf die großen Herausforderungen, vor denen die katholische Kirche stehe. In einem Schreiben an die Gewählten Vorsitzenden der mehr als 1.000 Kirchengemeinden in der Diözese will Fürst diesen ganz bewusst den Rücken stärken, verbunden mit "großem Dank für ihr ehrenamtliches Engagement", hieß es.

Gemeinschaft in Leitungsfragen als göttlicher Wille

Auch Johannes Warmbrunn, Sprecher des Rottenburger Diözesanrats, bewertete das Papier aus Rom kritisch. Es benenne zwar viele wichtige Zukunftsfragen der Kirche. Umso unverständlicher mute es jedoch an, gemeinsame Formen der Leitung abzulehnen, sondern die Leitung ausdrücklich dem Priester zuzuweisen. "Gott lässt uns teilhaben an seinem Schöpfungswerk", so Warmbrunn, "daher sehe ich die Gemeinschaft in Leitungsfragen als Erfüllung seines Willens." Es gehe jetzt darum, Frauen und Männer für sinnvoll konzipierte Leitungsaufgaben ausdrücklich zu motivieren und sie nicht durch allzu enge Vorgaben vor den Kopf zu stoßen. Laut der Mittelung soll die Instruktion aus Rom bei einer am Wochenende anstehenden Sitzung des Diözesanrats in Rottenburg diskutiert werden. Außerdem stehe das Thema im August auf der Tagesordnung des Ständigen Rats der DBK.

Laut der am Montag veröffentlichten Vatikan-Instruktion bleiben Laien von der Gemeindeleitung ausgeschlossen. Dagegen wird die Rolle des Pfarrers hervorgehoben. Leitungsmodellen von Pfarreien in Form von Teams aus Priestern und kirchlich Engagierten sowie anderen Mitarbeitern widerspricht das Schreiben direkt. Zahlreiche Kirchenvertreter und Theologen aus Deutschland kritisierten das Papier als rückwärtsgewandt. Scharfe Kritik gab es von den Bischöfen Franz-Josef Bode (Osnabrück) und Peter Kohlgraf (Mainz). Auch Bambergs Erzbischof Ludwig Schick sagte, die Instruktion bringe für die Kirche und ihren missionarischen Auftrag "mehr Schaden als Nutzen", und nannte das Papier theologisch defizitär. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hingegen lobte die Vatikan-Instruktion. (tmg)