Glaubenskongregation zeige "Mangel an theologischer Tiefe"

Über 200 Professoren gegen Nein zum Segen homosexueller Verbindungen

Veröffentlicht am 22.03.2021 um 09:09 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Die Proteste gegen das römische Machtwort gegen die Segnung homosexueller Partnerschaften reißt nicht ab: Nun haben sich über 200 Professoren gegen die Position der Glaubenskongregation gewandt – mit ungewöhnlich deutlichen Worten.

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Über 200 Theologie-Professorinnen und -Professoren wenden sich mit deutlichen Worten gegen das Nein der Glaubenskongregation zur Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Die von einer Arbeitsgruppe an der Universität Münster ausgearbeitete Stellungnahme, die am Montag veröffentlicht wurde, wirft dem Responsum der Kongregation einen "Mangel an theologischer Tiefe, an hermeneutischem Verständnis sowie an argumentativer Stringenz" vor. Das Lehramt untergrabe seine eigene Autorität, wenn es wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriere, "wie es in diesem Dokument der Fall ist".

Zu den bis Montag 212 Unterzeichnern gehören aktive und emeritierte Professoren, darunter der emeritierte Tübinger Dogmatiker Peter Hünermann, die Münsteraner Dogmatikerin Dorothea Sattler und die Münsteraner Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins. Auch die Leiter der Arbeitsgemeinschaft Katholische Dogmatik und Fundamentaltheologie, der Salzburger Gregor Maria Hoff und die Erfurterin Julia Knop, die bereits am Freitag eine Stellungnahme zum vatikanischen Papier veröffentlicht hatten, haben das Papier unterzeichnet.

"Paternalistischer Gestus der Überlegenheit"

Die Glaubenskongregation hatte am vergangenen Montag in einem "Responsum ad dubium" die Frage, ob die Kirche die Vollmacht habe, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen, mit einem knappen "Nein" beantwortet. Die der Antwort beigefügte erläuternde Note ist laut den Professoren "von einem paternalistischen Gestus der Überlegenheit geprägt" und diskriminiert homosexuelle Menschen und ihre Lebensentwürfe. Die Glaubenskongregation betont dagegen, dass in der ablehnenden Haltung gegenüber homosexuellen Handlungen keine ungerechte Diskriminierung gleichgeschlechtlich liebender Menschen bestehe. "Von dieser Position distanzieren wir uns entschieden", heißt es in der Stellungnahme: "Wir gehen demgegenüber davon aus, dass das Leben und Lieben gleichgeschlechtlicher Paare vor Gott nicht weniger wert sind als das Leben und Lieben eines jeden anderen Paares."

Das Schreiben der Glaubenskongregation hat vor allem im deutschsprachigen Raum für Diskussion und Proteste gesorgt. In Österreich und Deutschland haben sich mittlerweile über 2.000 Priester und andere hauptberufliche Seelsorgerinnen und Seelsorger dazu bekannt, auch weiterhin gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen. Die Professoren begrüßten in ihrer Stellungnahme Segnungsfeiern und die Bemühungen von in der Pastoral tätigen Seelsorgern für eine angemessene liturgische Form dafür ausdrücklich. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck erklärte am Freitag, dass die Lehre der Kirche "dringend eine erweiterte Sichtweise auf die menschliche Sexualität" benötige, zuvor hatten bereits weitere Bischöfe das Schreiben kritisiert. Zustimmung für das Papier der Glaubenskongregation gab es durch den Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt, den Passauer Bischof Stefan Oster und bereits am vergangenen Montag durch den Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, der seit 2014 selbst Mitglied der Kongregation für die Glaubenslehre ist. (fxn)